offensichtlich, aber nicht bemerkt

Lisa Wiesinger

von Lisa Wiesinger

Story

Es gibt viele Sachen, die ich als Kind tat und jetzt noch tue, die offensichtlich autistisch waren/ sind, aber anscheinend hat es niemand bemerkt oder infrage gestellt.

Ich hasste meine Geburtstage sehr, sowie Weihnachten, Ostern, etc. Nicht weil ich es hasste Geschenke zu bekommen oder so, sondern ich mochte es überhaupt nicht, dass die ganze Familie da war und dass die ganze Aufmerksamkeit auf mich gerichtet war. So fühlte es sich zumindest an. Ich versteckte mich immer hinter meinen Eltern oder sonst wo, weil ich Angst hatte als Erstes das Wohnzimmer zu betreten, da die ganze Aufmerksamkeit, vor allem an meinen Geburtstagen, auf mir lag. Ich mochte meine Familie sehr gerne, aber nicht alle auf einem Haufen. Dies war immer zu laut, zu wild, zu viel.

Was ich auch hasste, weil es mir zu laut war, waren bzw sind noch immer Bohrmaschinen, Ventilatoren, Föhne, Staubsauger, etc. Wenn ich nicht vorgewarnt werde, könnte ich schreien. Ich spüre es in meinem ganzen Körper. Ich hasse dieses Gefühl.

Ich dachte immer, dass ich keine sensorischen Probleme hatte, weil alles was schleimig und glitschig war, gar kein Problem für mich war. Doch dann entdeckte ich, dass Texturen, die sich trocken anfühlten, auch ganz schlimm für mich geworden sind. Selbst trockene Geschmäcke wie Gin oder so sind auch sehr unangenehm.

Scharf kann ich auch mein Leben lang schon nicht aushalten. Wenn ich etwas Scharfes esse, dann fühlt es sich so ähnlich für mich so an, wie als würde etwas Lautes bei mir sein. Ich bekomme dann einen Meltdown, wenn ich etwas esse, wo ich nicht weiß, dass es scharf ist. Ich bin komplett überstimuliert.

Etwas das ich als Kind gerne gegessen habe, waren Flüssigseifen für Babys. Ich habe auch gerne Feuchttücher ausgesaugt. Ich wusste nicht, warum ich das tat, aber es schmeckte mit zu dem Zeitpunkt erstaunlich gut. Ich wollte nie Sachen mit vielen Gewürzen essen, aber Feuchttücher schon. Es hat mich sehr beruhigt.

Socken. Ich hasse Socken. Socken an meinen Füßen. Am liebsten bin und war ich auch schon immer barfuß. Meine Mama hat es immer „das Sockenproblem“ genannt, weil meine Socken immer überall lagen. Ich hasse das Gefühl von Socken auf meinen Füßen. Sie engen mich ein.

Ich liebte schwimmen bzw. tauchen. Schon ganz früh lernte ich schwimmen. Wir hatten immer einen Pool zu Hause. Ich liebte diesen Pool. Ich fühlte mich frei. Unter Wasser war es so still. Ich liebte Geräusche, die im oder mit Wasser entstanden. Im Wasser musste ich mir keine Sorgen um meine motorischen Probleme machen. Ich konnte mich nirgends fest anstoßen und ich konnte auch nicht auf meine Knie fallen, bis sie bluteten. Ich war frei.

© Lisa Wiesinger 2023-09-25

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