öffnen 9:oo Uhr sonst Tot…

PhiloSophia

von PhiloSophia

Story
Gegenwart in Deutschland 2000 – 2024


….. stand eines Morgens auf einem Zettel, der an der Eingangstür zu unserem Secondhandladen hing. Was will uns das sagen? Ok, wir öffnen 9:30, der Kunde will bereits vorher einkaufen oder seine Spenden abgeben? Der Kunde hat Rechtschreibprobleme und braucht Unterstützung und das am besten spätestens um 9:00 Uhr? Wer ist tot? Der Kunde, weil er nicht einkaufen konnte? Wir, weil wir nicht rechtzeitig öffnen oder helfen? Ich weiß es bis heute nicht. Aber vielleicht befindet sich der unbekannte Schreiber unter den Lesern und kann mich aufklären?

Diese Botschaft ist eine der Kuriositäten die wir täglich, manchmal mehrmals täglich in unserem Secondhand-Laden erleben. Schriftlich, mündlich oder durch Körpersprache.

Wir sind ein Secondhand-Laden einer Wohlfahrtsorganisation. Die Besonderheit besteht darin, dass vor allem sozial schwache Mitbürger bei uns einkaufen und Ware günstiger bekommen und wir Arbeitsgelegenheiten bieten. Wir sind „Multi-Kulti“ wie es so schön heißt. Zu unseren Mitarbeitern gehören nicht nur Schülerpraktikanten und Praktikanten aus der psychischen Rehabilitation, sondern auch Langzeit Arbeitslose, die bei uns Struktur und Halt bekommen, sowie Asylbewerber und Flüchtlinge die zu einem Arbeitsleben in Deutschland hingeführt werden. Viele sprechen gar nicht, oder sehr schlecht deutsch, das führt sehr oft zu Missverständnissen. Von diesen mal mehr mal weniger lustigen Missverständnissen soll diese und auch weitere Storys handeln.

Einmal habe ich neue Vorhänge für unsere Umkleidekabine einer Mitarbeiterin gegeben und sie gebeten diese zu bügeln, dazu habe ich das entsprechende Handzeichen gemacht und gefragt, ob sie mich verstanden hätte. Freundliche wie sie war, hat sie genickt und „ja,ja“ gesagt. Stunden später ist mir der Auftrag wieder eingefallen und ich habe sie gefragt, ob sie fertig sei und wo die Vorhänge nun wären. Stolz nickte sie und sagte wieder „ja,ja“. Etwas verwirrt schaute ich sie an und wiederholte meine Frage. Da deutete sie mir ihr zu folgen und zeigte mir ganz stolz die Vorhänge, mit einem Preisetikett versehen, hingen sie auf einem Bügel bei der Ware zum Verkauf.

Einer neuen Mitarbeiterin zeigte ich den Staubsauger und bat sie, den Verkaufsraum zu saugen. Ungläubig schaute sie mich an. Leider war sie der deutschen Sprache nicht mächtig und ich nicht der ihren. Man muss dazu sagen, bei dem Staubsauger handelt es sich um einen Industriestaubsauger, ein Monstrum, dass beim saugen auch noch laute Klopfgeräusche macht, also kein Handelsüblicher. Ich vermutete also, dass ihr ungläubiger Blick dem Staubsaugerungetüm geschuldet war. Nochmal erklärte ich ihr den Gebrauch, sie schüttelte abermals den Kopf, an diesem Tag musste jemand anderes staubsaugen. Am nächsten Tag wurde sie von ihrem Sohn begleitet der mir erklärte „zuhause staubsaugt immer ihr Mann“. Schließlich lernte sie auch das Staubsaugen, da es ihr Mann bei uns nicht machen wollte.


© PhiloSophia 2024-01-17

Genres
Romane & Erzählungen, Humor& Satire
Stimmung
Emotional, Komisch
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