Oft sind’s die kleinen Gesten…

Ich befördere den Einkaufswagen durch die vollen Regale des Supermarkts. Es ist Freitag Mittag und außer mir sind offenbar einige früher von der Arbeit weggekommen. Allesamt scheinen sie am Heimweg noch das Nötigste einzukaufen. Orientierungslose Käufer schlendern mit mir durch die Gänge. Mein Ältester sitzt im Auto, weil er keine Lust hat, eine Maske aufzusetzen. Er hat mir jedoch einige Aufträge mitgegeben, was unser Haushalt seiner Meinung nach dringend benötigt. Demnach könnten wir die nächsten Wochen von Knabbergebäck und Süßigkeiten leben.

An der Kassa bereits einige Kunden angestellt. Die Verkäuferin versucht mit freundlichem Ton, die eingefrorene und hektische Stimmung im Geschäft wett zu machen. Vor mir nimmt davon kaum jemand Notiz. Die Augen sind auf die Waren gerichtet, die in einem Automatismus in den Wagen zurück geräumt werden. Danach wird die Karte zur Bezahlung in den Automaten gesteckt. Die Verkäuferin flötet ein: „Schönen Freitag noch!“ Der Mann direkt vor mir knurrt etwas Unverständliches retour. Die nette Verkäuferin tut mir irgendwie leid. Sie versucht, trotz der Masse an Menschen und der Beeinträchtigung durch Schutzvorrichtung über Mund und Nase, beste Laune zu verströmen und die anderen damit anzustecken.

Ich setze mein breitestes Lächeln auf – auch wenn das keiner sehen kann – und flöte ihr ein: „Hallo!“ entgegen. Unsere Blicke treffen sich – ich sehe an den Augenwinkeln, dass sie ebenfalls lächelt. Sie beginnt meine Ware über den Scanner zu ziehen. Bei einem Promopack Salzstangen, wo eine metallene Aufbewahrungsbox dabei ist, stockt sie und betrachtet die Verpackung von allen Seiten. „Wo sind denn die Pickerl?“ fragt sie mich. Ich überlege kurz, weiß nicht so recht, worauf sie hinaus will. Das scheint sie zu merken: „Nah die 25% Sticker!“ „Ah, ich weiß schon! Ich bekomme keine Werbung zugestellt!“ Ich muss mir allerdings eingestehen, dass diese Rabattsticker, die man auf beliebige Produkte klebt, durchaus Sinn machen.

Da bemerke ich einen Ausdruck in ihrem Gesicht, der fast schelmisch wirkt. „Achso, das ist ja komisch. Denn ich sehe bei diesem Produkt eindeutig einen Rabattsticker!“ Sie betätigt eine Taste und auf dem Kassendisplay erscheint ein Abzug von 25%. „Oh wow!“ staune ich und sie zwinkert mir zu. Dann schnappt sie sich weitere Artikel vom Band und berücksichtigt bei allen teuren Produkten den fiktiven Rabattsticker. Ich merke wie mir ganz warm ums Herz wird. Ich kann dieses Glück, das mir diese Unbekannte gerade zuteil werden lässt, gar nicht fassen.

„Vielen Dank! So wird mein Tag gleich noch viel schöner!“ lache ich, als ich den Einkauf in den Wagen räume. Sie sieht mich kurz an und antwortet: „Das mache ich nur für die besonderen Kunden. Die, die lachen und freundlich sind. Denn die machen meinen Tag auch gleich viel schöner!“ Schlussendlich wechseln wir die letzten, fast freundschaftlichen Blicke. „Schönes Wochenende!“ Dankbar schiebe ich den Wagen zum Auto.