von Silvia Peiker
Kaum einer kennt seinen ägyptischen Geburtsnamen Chufu, der übersetzt möge er mich beschützen bedeutet. Lediglich der von Herodot geprägte griechische Name Cheops hat es bis in unsere Geschichtsbücher und Reiseführer geschafft.
Cheops, von dessen Leben und Wirken nur wenig überliefert wurde, herrschte als zweiter Pharao der 4. Dynastie. Vor über 4500 Jahren ließ er sein riesiges Grabmal auf dem Plateau von Gizeh errichten. Bereits in der Antike zählte seine Pyramide zu den sieben Weltwundern. Tausende schwer schuftende Arbeiter verbauten über 2,5 Millionen Steinblöcke aus Granit und Kalk in geschätzten 25 Jahren zum einstigen größten Bauwerk der Weltgeschichte, das noch immer trotz abgebrochener Spitze stolze 138,75 m misst.
Renate, ein Mitglied meiner Reisegruppe, meint, ich dürfe nicht an die unmenschlichen Arbeitsbedingungen in der Wüste denken, wenn ich den Anblick der Pyramiden und Mastabas, die die Vorläufer der gewaltigen Begräbnisstätten darstellten und die im schwirrenden Dunstkreis der Millionenmetropole Kairo wie Fata Morganas anmuten, genießen möchte.
Doch während wir den engen, steilen, mühsam in den Felsen gehauenen Stollen im Inneren der größten Pyramide der Welt aufwärts robben, dicht gefolgt von anderen kulturell Interessierten und unfreiwillig bekörpert von zahlreichen entgegenkommenden, schweißgebadeten Touristen, die zum Ausgang streben und sich an uns vorbei drängen, werden mir die furchtbaren Strapazen, unter denen die Menschen einst den Zugang zur Königskammer schufen, drastisch vor Augen geführt: Nahezu kein Luftaustausch bei 34 Grad Celsius in einem ansteigenden, schmalen und heißen Tunnel, der kein aufrechtes Stehen erlaubt.
Mit eingezogenem Kopf klettern wir im gefühlten Schneckentempo über schmalsprossige Eisenleitern stetig höher im niedrigen, steinernen Gang unserem Ziel entgegen. Endlich betreten wir nach Luft ringend die dunkle, hohe Grabkammer, in der ein imposanter Sarkophag mit gähnender Leere glänzt. Keine Spur von der Mumie des berühmten Herrschers, die, so vermutet man, bereits im Altertum von Grabräubern gestohlen worden war.
Kurz halten wir für ein gekünsteltes Foto inne, belohnen den einheimischen knipsenden Aufpasser in der Grabkammer mit Bakschisch und fürchten das neuerliche Gewühle von Menschenleibern und erstickender Enge im nun abwärts führenden Schacht.
Oh Pharao, hättest du dir einst erträumt, dass jemals verschwitzte, hechelnde Invasoren im Austausch gegen Valuten deine letzte Ruhestätte stürmen würden?
Eigenes Foto
© Silvia Peiker 2024-03-12