Ohne fühle ich mich nackt

Thomas Paar

von Thomas Paar

Story

Wenn ich mich an meine Volksschulzeit zurückerinnere, tauchen ganz verschwommene Bilder meiner ersten Armbanduhr auf. Bunt wie der Regenbogen, typische Kinderuhren halt. Die kommenden Jahre herrscht dann ein kompletter Filmriss. Normalerweise verbindet man diesen Ausdruck eher mit Alkohol. Aus diesem Grund sage ich, dass dort, wo eigentlich meine Erinnerung sein sollte, stattdessen eine gähnende Leere herrscht. Speziell meine Erinnerungen an Uhren, kann ich erst wieder einige Jahre später abrufen. Angekommen bei den Uhren mit sämtlichen Funktionen, schrillen Beleuchtungen und schrecklichen Stoffbändern, die gefühlte Tage brauchten, bis sie nach dem Schwimmbad wieder trocken wurden. Nach dieser Zeit herrscht in Bezug auf Uhren ein großes Nichts. In meinen Teenagerjahren war ich zu cool für Uhren. Heute weiß ich, dass es einfach völlig unbegründeter Blödsinn war, den Grund weswegen ich auf Uhren verzichtete, kann ich heute nicht mehr nennen. Der Startschuss für ein erneutes Tragen von Armbanduhren fiel dann vor ca. 11 Jahren. Den Auslöser kann ich nicht mehr nennen, doch dankbar bin ich noch immer dafür. Über den Zeitraum der letzten Jahre habe ich angefangen, Uhren zu sammeln. Naja, sammeln klingt jetzt protzig. Da Uhren nicht gerade billig sind, nutze ich einfach diverse Anlässe und lass mir welche schenken. So kann ich mittlerweile meinen kleinen Uhrenkoffer bald vollständig füllen. Mit den fortschreitenden Jahren begann ich mich immer mehr für Uhren zu interessieren. Da die Technik sich unermüdlich weiterentwickelt, konnte ich beim Uhren stöbern gar nicht mehr an Smartwatches vorbeikommen. Lange wehrte ich mich gegen eine solche. Beinahe stur mit einem Tunnelblick oder einem Pferd mit Scheuklappen richtete ich meinen Blick immer nur auf normale Armbanduhren. Doch der Reiz der Smartwatch wollte nie wirklich vergehen. Nach monatelangem recherchieren, abwiegen von Pro & Contras und warten auf das passende Angebot, schlug ich letztes Jahr dann doch zu und erweiterte meine Uhrensammlung um eine Smartwatch. Ich wechsle die Uhr einmal in der Woche und bereue den Kauf bis heute noch nicht. Ob ich nun analog oder digital trage, spielt keine Rolle. Für mich haben beide Varianten ihre Vor- und Nachteile. Wichtig ist nur, dass ich eine Uhr trage. Denn ohne fühle ich mich mittlerweile nackt.

© Thomas Paar 2022-01-05

Hashtags