von Anne_Ladgam
Wir sitzen beim FrĂŒhstĂŒck und gerade, als ich in mein mit guter Butter und Himbeermarmelade bestrichenes Brot beiĂe, sehe ich eine Amsel. Sie wirkt um ein Drittel lĂ€nger als normal. In ihrem Schnabel hat sie Moos und Zweiglein. âSchau schnell, eine Amsel baut hier wohl irgendwo ein Nest!â, sage ich zu meinem Mann.
Die fleissige Amsel fliegt zielstrebig auf die Efeuhecke zu, wo sie gleich wieder verschwindet. Ehe mein Mann sich umgedreht hat, ist sie schon wieder gut getarnt von der Efeuhecke und nicht mehr zu sehen. Es ist das 2. Mal in meinem Leben, dass ich eine Amsel beim Nestbau beobachten kann . Vor 11 Jahren waren genau um den Todestag meiner Mutti 4 Amseleier in einem Nest zu sehen und wenige Tage spĂ€ter fanden wir drei tote geschlĂŒpfte Amselbabies und ein Ei. Ich hatte den Eindruck, das Nest war vielleicht im Sturm vom Baum geweht und dann einer Katze zum Opfer gefallen. So viel MĂŒhe einer Amselmutter und dann so ein abruptes, schreckliches Ende. Wir trauerten mit ihr. Heute am Nachmittag war die Hecke vogelfrei und das Nest unbelebt. Ich wagte mich vorsichtig hin und hielt meine Handykamera ĂŒber das Nest. Es ist noch in Bau und noch unbewohnt. Möge die Amsel, die dieses Nest baut, ein behagliches Zuhause fĂŒr die VogelkĂŒken schaffen können. WĂ€hrend wir ĂŒber das Nest reden, wird mir bewusst, dass es vielen Ukrainerinnen jetzt auch so geht, dass sie durch den Krieg gezwungen sind, in einer neuen Umgebung ein neues Nest der Geborgenheit zu schaffen. Jetzt sind wir gefordert, die Zweiglein und das Moos anzubieten.
© Anne_Ladgam 2022-03-24