Ohne Sean Connery ist die Welt …

Heinrich

von Heinrich

Story

…ein gutes Stück einsamer geworden. Geradezu leer möchte man meinen. Wie die Straßen nach 20 Uhr ab Lockdown. Bei vielen wäre die Stimmung, auch ohne dessen Verkündung, down gewesen. Vielleicht hamstern die Menschen jetzt wenigstens ein paar, auf Scheibe gebrannte Paraderollen des britischen Sympathieträgers und nicht nur Recyclingpapierrollen fürs Klo.

Er war James Bond, alle anderen spielten ihn nur. Er war auch ohne Melone, mit Schirm und Charme unterwegs. Es musste kein Blut über die Leinwand spritzen, damit man erkennen konnte, dass ein Widersacher aus dem Weg geräumt worden war. Das Kino vermisst den Highlander schon seit längerem. Vielleicht wusste er aber auch einfach nur, wann Zeit ist aufzuhören. Es müssen sich die verdienten Helden ja nicht bis zum Hintern geliftet, auch mit 75 Jahren noch, aus dem Hochhaus stürzen. Man darf auch einfach alt werden.

Und er ist schön alt geworden – ausschließlich positiv gemeint. Nicht selten habe ich während der letzten Jahre nach seinem Namen gegoogelt. Praktisch nichts war zu finden. Eine Legende ohne Eskapaden. Ohne Alkoholexzesse, zumindest sind mir bei ihm – im Gegensatz zu vielen anderen – keine bekannt. Es reichte anscheinend auch eine überschaubare Anzahl an Partnerinnen zum Glücklichsein. Die Bond-Girls mal ausgenommen;-)

Sean ist für mich ganz oben in der Liga der aussergewöhnlichen Gentlemen einzureihen und seiner, in die Wiege gelegten Gabe alleine ist es zu verdanken, dass ich Indiana Jones bis zum Ende ertragen konnte. Als William von Baskerville hätte er sich 5 Oscars verdient. Das war Schauspiel von einem anderen Stern. Vielleicht ist er nun dort. Auf seinem Stern. Zumindest die Unabhängigkeit hat er erreicht, für die er sich stets intensiv eingesetzt hatte. Die restlichen Schotten warten noch.

In “The Rock” musste er, als Fels in der Brandung, Nicolas Cage unter die Arme greifen, um ein B-Movie ein Fach höher zu heben. Charisma hat man, oder eben nicht. Manche haben einen Anflug davon.

Ganz wenige etwas, wovon Sir Sean soviel hatte. Dutzende der besten Schauspieler spielten an seiner Seite, einige vermochten neben ihm zu glänzen, aber niemand spielte ihn an die Wand. King Arthur war ihm auf den Leib geschneidert. Den durfte er neben Pretty-Woman-Sunnyboy Richard Gere mimen. Zuvor war König Löwenherz an Robin Hoods Seite dran. Auch den Medizinmann hat er glaubwürdig gegeben. Seine Tweed-Schirmmütze sehe ich jetzt gerade vor mir. Die konnte wahrlich nur einem der Unbestechlichen gehören. Im gleichnamigen Streifen stoppte ihn der Filmtod leider davor, deutlich länger mitzuwirken.

Jedenfalls aber, folgt nun, auf seinen Roten Oktober, ein für uns leider tiefschwarzer November. Es war schön mit Ihnen, Sir. Danke für die vielen tollen Stunden einzigartige Kunst. Ich hätte Sie gerne neben Hans Moser und Louis de Funes gesehen. Vielleicht in einem anderen Leben. Richten Sie den beiden die besten Grüße aus. So long.

Schade, um einen der Allergrößten.

© Heinrich 2020-11-01

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