von Harald Klingler
Als ich am Mataveri Airport auf Rapa Nui aus dem Flugzeug ausstieg, war ich überrascht, dass es so schöne Orte auf der Welt gibt. Das war bisher wirklich der schönste Flughafen, auf dem ich während meiner Weltreise gelandet bin. Mittlerweile verstand ich auch, wieso meine Eltern wollten, dass ich etwas von der Welt sehe. Ich freute mich jetzt eigentlich nur, dass ich auf den Osterinseln angekommen war und endlich, nach diesem langen, langen Flug, entspannen konnte. Vom vielen Reisen war ich nun wirklich müde.
Schon auf dem Flughafen entdeckte ich ein kleines Modell von den Figuren, für die die Osterinseln so bekannt sind. Auf dem Flug hatte ich gelesen, dass sie wie ein Bindeglied zwischen dem Diesseits und dem Jenseits fungierten. Das stimmte mich nachdenklich. Andere Forscher waren der Ansicht, dass die Figuren zum Schutz vor irgendwelchen Gefahren errichtet worden waren, darum wurden die meisten mit dem Rücken zum Meer aufgestellt.
Plötzlich fiel mir Fuego ein. Wo war der denn? Hatte ich ihn irgendwo vergessen? Wären nur meine Eltern noch hier, mit ihnen würde ich mich nicht so alleine fühlen. Aber sie waren tot, jetzt musste ich ganz alleine klar kommen. “Zeig keine Schwäche, Olivia, du kannst das schaffen!”, versuchte ich mir Mut zu machen. Ich sagte das ziemlich laut, so laut, um mich selbst davon zu überzeugen, doch das war mir peinlich. Aber egal, ich musste Fuego wieder finden, ich durfte ihn nicht verlieren, er war der Del Gado Familien-Irrwicht.
Plötzlich sauste das kleine, weiße Licht um eine Ecke. Fuego! War ich froh, dass er endlich auftauchte. So einfach aus dem Nichts. Fuego pfiff eine fröhliche Melodie, die mir bekannt vorkam: Don’t worry, be happy, von Bobby Mc Ferrin. Na, das passte ja genau auf meine Situation.
Nach gefühlten zehn Stunden kam ich endlich mal an meinem Hotel an. Ich wollte zu Fuß gehen, um ein Gefühl für Hanga Roa zu bekommen. Es war ein echt weiter Weg. Aber immerhin musste man sich diesen Ort wirklich in Echtzeit anschauen, da war zu Fuß gehen wirklich die beste Wahl. Beim Taxi-Fahren kommt die Seele nicht mit, ich brauchte Zeit, viel Zeit, auch wenn es anstrengend war. Morgen würde ich mir die richtigen, großen Figuren ansehen, darauf freute ich mich schon.
Als mich am Morgen der Wecker meines Handys mit Mc Ferrins Melodie weckte, die ich mir am Abend eingestellt hatte, wusste ich, was ich heute ins Tagebuch schreiben wollte: Mach dir keine Sorgen, sei glücklich. Ich weiß, dass meine Eltern bei Gott sind und auf mich aufpassen. Sie schützen mich. Mach dir keine Sorgen!
Mit diesem letzten Ziel beendete ich tags darauf meine Weltreise und kehrte nach Barcelona zurück, wo ich das Erbe meiner Eltern antreten konnte. Was ich damit machte, tja, das sind wieder andere Geschichten …
Nina, 13 Jahre und H.K.
© Harald Klingler 2023-03-10