Oma Lene – meine Heldin

Yvonne Geimer

von Yvonne Geimer

Story

Oma Lene hieß eigentlich Helene, aber für fast alle war sie nur Lene. Oma war immer für uns da. Sie war die Mutter meiner Mama. Oma wohnte im gleichen Haus wie meine Tante, meinem Onkel und meinen beiden Cousins. Ich lebte mit meinem Bruder und meinen Eltern in einem Dorf nur 3 km weiter.

Ein großes Event für uns Kinder war, wenn Oma samstags “weiße Mehlsklöße” (Hefemehlklöße) gemacht hat. Dabei durften wir mithelfen. Omas Küchentisch wurde dick mit Mehl eingestaubt, der Teig ausgerollt und wir Kinder haben dann mit einem Glas die Klöße ausgestochen. Oma spannte dann ein Küchenhandtuch über einen Topf mit heißem Wasser, die Klöße wurden darf gelegt und über dem Wasserdampf gegart. Zu den Klößen gab es Heidelbeeren, die färbten die Zunge und die Lippen immer so herrlich blau. Wir Kinder haben uns immer ein Wettessen geliefert, wer es schaffte die meisten Klöße zu verdrücken. Gewonnen hat meistens mein älterer Cousin.

Und Oma hat die besten Plätzchen gebacken, Unmengen an Spritzgebäck für uns alle. Weihnachten waren die meisten davon aber schon gegessen. Aber Oma hatte in weiser Voraussicht immer noch ein paar versteckt.

Ich habe als Kind so gerne bei ihr übernachtet. Ich habe heute noch jedes Detail aus ihrem Schlafzimmer vor meinem geistigen Auge. Besonders die Tapete habe ich geliebt, hellblau mit weißen Wölkchen, die aussahen wie kleine Schäfchen. Es gab ein großes Holzbett, in dem wir sogar als kleinere Kinder zu zweit neben Oma Platz hatten, und hinter dessen Kopfteil man sich in der Nische zwischen Bett und Dachschräge herrlich verstecken konnte. Wenn mein Bruder und ich beide bei Oma übernachtet haben, wollte oft mein jüngerer Cousin auch noch mit zu uns. Das durfte er aber nie, weil es dann wirklich zu eng geworden wäre. Versucht hat er es trotzdem immer wieder. Heimlich hat er sich hinter dem Bett in der Nische versteckt und gewartet bis Oma aus dem Zimmer war. Früher oder später ist es aber doch aufgefallen, und er wurde aus dem Zimmer gescheucht.

Auch als ich erwachsen war, war die Bindung zu Oma sehr intensiv geblieben. Zusammen mit ihr und meiner Mama habe ich so manche schöne Touren unternommen.

Als Kind habe ich Oma Lene einfach nur geliebt. Sie war für mich die beste Oma, die ich mir vorstellen kann. Und je älter ich wurde, desto mehr habe ich sie auch als Frau bewundert.

Sie hatte kein leichtes Leben. 1925 geboren, nur ein paar Jahre nach dem ersten Weltkrieg, den zweiten Weltkrieg miterlebt, mit 40 schon verwitwet, starkes Diabetes, das ihr im Alter das Augenlicht fast komplett genommen hat und zur Amputation eines halben Fußes nach einer starken Verbrennung beim Marmeladekochen führte, und schließlich im Jahr 2006 die tödliche Krebserkrankung.

Aber alle Schicksalsschläge hat sie gemeistert ohne zu jammern und sie konnte aus wenig viel erreichen. Sie war immer lebenslustig und hat gerne gelacht. Nur selten hat sie mal an sich gedacht. Vorrangig war immer ihre Familie.

Oma Lene wird immer in meinem Herzen bleiben.

© Yvonne Geimer 2021-03-24

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