Omas Gräueltaten

Antonia S

von Antonia S

Story

Ich liebe meine Familie. Wir sind tief miteinander verwurzelt. Schließlich sind wir auch gemeinsam aufgewachsen. Und deshalb bin ich auch stark geblieben als man uns gegen unseren Willen aus unserem Zuhause gezogen hatte. Denn ich hatte meine Familie. Das Wichtigste in meinem Leben.

Ich behielt meine Hoffnung auf einen guten Ausweg, selbst als man uns an diese alte Frau verkaufte. Die mich und meine Familie gegen unseren Willen einfach mit sich nahm. Ich dachte, gemeinsam wären wir stark und gemeinsam würden wir uns befreien können.

Aber als diese Frau mit ihren riesigen Augen und ihrem gigantischen, zähnefletschenden Mund jeden einzelnen von uns in kochend heißes Wasser warf, begann ich meine Familie zu umarmen. Versuchte nah bei ihnen zu sein als die heißen Blasen dabei waren uns zu trennen.

Wir begannen alle fürchterlich zu schreien als sie meinen Bruder aus dem Wasser hob. Er war schweißgebadet und hatte Tränen in den Augen. Alle sahen hilflos zu als das riesige Metall über ihm zu fallen begann. Eine Hinrichtung. Sein Körper zweigeteilt unter einer Guillotine. Erstarrt von dem Horrorspiel bedeckte ich die Augen meiner kleinen Schwester. Doch die Verantwortliche blieb ruhig. Sie hatte wohl schon dutzende dieser Morde vollzogen. Mit einer eisernen Miene zermalmte sie die Leiche meines Bruders. Ich konnte es nicht mitansehen.

Doch meinen Bruder sollte nicht als einzigen dieses Schicksal ereilen. Stück. Für. Stück. Jeden einzelnen zog sie Schritt für Schritt aus dem Wasser und ließ das Metall auf sie nieder. Meine Geschwister. Meine Eltern. Mein Onkel. Mein Opa. Meine Neffen. Meine Schwiegereltern. Mein Patenonkel. Sie alle verließen mich. Und da war nichts, wirklich nichts das ich hätte tun können. Ich konnte nur die Reste meiner Familie sehen. Einzelne Gliedmaßen übereinander gestapelt. Als wären sie nichts weiter als bisschen Biomüll. Mein Herz zerbrach in alle Einzelteile.

„Ich bin gleich mit Kochen fertig! Dein Lieblingsessen!“, schrie sie aus dem Raum.

„Oh du bist klasse Oma!“, war die Antwort.

Wie konnte sie sich nach einem mehrfachen Mord so verhalten? Ich verstand die Welt nicht mehr. Warum nur war das so etwas Selbstverständliches für sie? Niemand dieser armen Seelen hatte einen Tod wie diesen verdient. Und doch … hatte man es ihnen angetan. Mein Bruder wollte immer größer als ich werden. Jetzt war ihm das genommen. Mein Vater wollte uns alle groß werden sehen. Jetzt war ihm das genommen. Und meine kleine Schwester wollte einfach nur die große weite Welt entdecken. Auch ihr war das jetzt genommen.

Ich gab mich einfach hin. Lies es einfach auch mich zukommen als ich als Letztes aus dem Wasser geholt wurde. Sah die Klinge schon über mir schweben.

„Das Kartoffelpüree reicht für Fünf Leute, so groß sind die Kartoffeln“, erzählte sie als das scharfe Metall meine Kehle durchtrennte. Einer weiteren Kartoffel das Leben genommen.

© Antonia S 2024-01-07

Genres
Humor& Satire, Essen & Trinken
Stimmung
Abenteuerlich, Dunkel, Emotional, Komisch, Reflektierend
Hashtags