On the Road again

Silvia Peiker

von Silvia Peiker

Story

Nachdem ich wie Don Quichote vergeblich gegen Windmühlen gekämpft hatte, zog ich nach ein paar Monaten die Reißleine meines Fallschirms und sah meine missgünstige Kollegin und den Wechseldienst an der Volkshochschule in ungewisse Fernen davonsegeln. Bald schon konnte ich wieder festen Boden unter meinen wieder scharrenden Hufen spüren und der Asphalt der long and windig road, an deren Kreuzungen ich lediglich die richtige Route zum begehrten Job einschlagen musste, glitzerte vor mir im kalten Schein der Wintersonne. So wie Eislaufen eine meiner Passionen ist, drehte ich zwar immer wieder elegante, aber im Endeffekt dennoch nutzlose Pirouetten auf dem eisglatten Parkett der Bewerbung.

So kam mir das Stellenangebot eines Immobilienmaklers, das mir eine Bekannte vermittelte, natürlich gelegen. Da dieser dringend eine Assistentin suchte, saß ich in Windeseile im Büro des Maklers und erledigte bereits während des Einstellungsgesprächs gemeinsam mit seiner Sekretärin die Eingangs- und Ausgangspost und einen großen Stapel Rechnungen, um meine Arbeitsbereitschaft und Fertigkeiten zu testen. Diese Tätigkeiten stellten für mich einen Klacks dar, und ich begann gleich am nächsten Morgen damit, den riesigen, unerledigten Ablageberg meiner Vorgängerin abzuarbeiten. Nebenbei rechnete ich Säumnisgebühren aus und verfasste Mahnschreiben an zahlungsunwillige Mieter, sandte englische Mails nach Thailand, stellte Inserate für vakante Mietobjekte online und kontrollierte die profitablen Mieteinnahmen diverser Objekte im In- und Ausland.

Eigenartig war nur, dass der Abschluss meines Arbeitsvertrages immer wieder hinausgezögert wurde. Der cholerische Chef war geschäftlich oft unterwegs, und wenn er anwesend war, schnauzte er entweder ehemalige Mieter, die ihre Kaution zurück haben wollten, unhöflich an, oder er ließ Migranten, die zwar Miete bezahlten, aber in Ungnade gefallen waren, delogieren. Nicht selten warteten diese im Stiegenhaus und flehten mich an, ein gutes Wort für sie beim Boss einzulegen. Doch ich bat vergebens.

Meine Vorgängerin schien Hals über Kopf aufgrund der Unmengen an Arbeit das Handtuch geworfen zu haben. Eigenartig war nur, dass meine neue Kollegin, die sich als Teilhaberin entpuppte, jede Woche einen ganzen Nachmittag in der Slowakei verbrachte, um dort arme, herrenlose Tiere zu retten. Da durfte ich dann gleich alleine den Laden schupfen und Mieterprobleme, wie Wasser, das von der Decke tropfte, lösen.

Als ich am Monatsende nicht das vereinbarte Gehalt auf dem Bankkonto vorfand, war der Makler plötzlich im Skiurlaub, und meine Kollegin wollte mir weder sein Urlaubsdomizil, noch seine private Telefonnummer verraten. So beschloss auch ich, abzutauchen, und zwar in der Arbeiterkammer. So hatte ich in reifen Jahren gelernt, niemals ohne Arbeitsvertrag einer Beschäftigung nachzugehen.

Eigenes Foto: Ein Traum von einer Spule von LilianeTomasko

© Silvia Peiker 2022-12-05

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