von FL Palao
Mein Körper windet sich unter mir davon. Alles dreht sich, und ich erkenne keinen Unterschied mehr zwischen mir und dem Boden, mir und der Wand. Beine an die Brust gezogen, klein und hilflos, ein Paket im Vakuum, ohne Absender, ohne Empfänger, lost to time and space and myself. Ich versuche, die Augen zu schließen; versuche, tief einzuatmen. Alles ist gut, es gibt keinen Grund zur Panik, aber die Worte erreichen mich nicht. Das Weiß der Badfliesen ist grell und beißend, zu hell, zu laut, zu viel. Und doch kann ich den Blick nicht davon abwenden, starre weiter auf die hellgrauen Fugen, die zu gerade sind, um Risse zu sein, und doch stören in dieser surrealen Reinheit. Sie sind zu real, zu greifbar, spürbar, präsent. Nichts passt zusammen, der Boden scheint sich unter mir zu wellen und gleichzeitig drückt er gegen mich, hält mich aufrecht, und ich weiß nicht mehr, wohin mit meinen Gedanken. Schließlich gelingt es mir doch, die Augen zu schließen, aber die erhoffte Erlösung tut sich nicht auf. Ich sehe keine nichtssagende Schwärze vor mir, keinen Nachhall bunter Lichter, kein Anzeichen, dass meine Augen wirklich zu sind. Ich sehe nur mich, in einem dunklen Wirbelwind, und ich weiß, dass das da unten ich bin, weiß es irgendwo in meinem Hinterkopf, aber das ist nicht mein Körper. Es fühlt sich an, als würde mir die Haut von den Knochen fließen. Wie gerne wäre ich jetzt nichts mehr als eine Pfütze auf der Straße.
Aber ich bin hier, in diesem schwarzen Loch, und ich denke an Laika. Laika allein in einer kleinen Kapsel, Laika am Überhitzen, Laika in der dunklen Leere des Weltalls, Laika zurückgelassen zum Sterben, Laika, die genauso wenig atmen konnte wie ich gerade. Vielleicht ist sie noch immer dort draußen, im Void. Vielleicht sieht sie mich gerade, vielleicht passt sie auf mich auf.
Meine Hände zittern, meine Lunge schmerzt, als ich einatme, aber immerhin fühle ich sie wieder. Ich presse meinen Rücken gegen die kalten Fliesen und es gibt nichts, was ich lieber tun würde, als aufzustehen, durch die Tür zu gehen, und so zu tun, als wäre alles okay. Als wäre ich gerade nur auf dem Klo gewesen.
Alles ist okay.
Ich weiß nicht, ob Minuten oder Stunden vergangen sind, seit ich die Party verlassen und die Toilette betreten habe. Ich weiß nicht, ob das Feuerwerk schon vorbei ist, ob ich noch im alten Jahr bin oder schon im neuen. Eigentlich weiß ich gar nichts mehr – nichts, außer dieses eine Wort. Dieses Wort, dieser Satz. Die Worte hallen in meinem Kopf wider, die Worte, die mich wie ein Hammer getroffen haben, die mir von innen auf die Lider tätowiert scheinen. Wer sie gesagt hat, weiß ich nicht mehr, höre nur den Klang tausender Stimmen, die auf mich einprügeln. Ich atme tief ein, die Luft entweicht mir direkt wieder, mein Atem geht flach, und ich kann die Worte noch nicht einmal denken, ohne dass das schwarze Void mich wieder einzuholen droht. Ich weiß nicht, was ich dagegen tun kann. Und liebe ich nicht das Weltall? Sollte ich mich hier nicht wohlfühlen, in dieser endlosen Schwärze? Was gibt es Besseres als die Unendlichkeit; wieso sollte ich mich dem Void entziehen, wenn es mich doch so dringlich einfordert? Ich gebe mich der Schwärze hin. Die eine Frage, die mich zurückhalten könnte, kann und will ich mir nicht beantworten.
Was ist bloß los mit mir?
Mensch, Mädel, erschreck mich doch nicht so!
© FL Palao 2024-02-23