von Erich Stöger
Es regnet seit den Nachtstunden. Mal mehr, mal weniger, aber er hat die Überhand. Vormittags Arzt, danach Lebensmitteleinkauf und nun warte ich auf ihre Ankunft. Die Zeitung gelesen, einige Küchenarbeiten vorgenommen, erwarte ich das Ankommen von Lux und seiner Mutter. Ich werde sie nicht vom Bahnhof abholen, das Wetter und das Knie, machen mir zu schaffen. Das Grau im Grau wird uns noch zu einer Wochenendplanung veranlassen. Andererseits kann es auch sein, dass wir uns einfach in eine schöne gemeinsame Zeit, treiben lassen. Es wird sich zeigen. So kurz hintereinander haben wir uns schon lange, oder sogar noch nie getroffen. Der schöne Ostersonntag ist kaum verklungen, sehen wir uns dieses Wochenende schon wieder. Nach nur vier Tagen. Schön. Der Freitagnachmittag beschert uns schöne Stunden im eigenen Heim. Ein neues Buch, einige Ostereier und ganz, ganz wenige Naschereien auf seinem „Geschenktisch“ eröffnen den Vorlese- und Spielereien. Mama kocht eine frische Gemüse-Hühnerfleischsuppe. Salat mit Paprika, Gurken- und Paradeiserstücken ergänzen den Vitaminhaushalt. Abends darf er noch etwas TV genießen und dann gehts ab ins Bett.
Samstagsvormittags ist der Himmel wolkenverhangen, ab mittags ändert sich die Sache und die Sonne gewinnt die Überhand. Ein Spaziergang neben der Krems, lässt Mama und mich die Sonne genießen, während Lux das Flussufer bearbeitet, indem er Steine und kleinere Holzstücke ins Wasser schmeißt. Seine Freude ist auch an seinem Schreien erkennbar. Das Vorwärtskommen hingegen ist aber dementsprechend langsam. Geduld, Geduld und nochmals Geduld. Die Aussicht auf ein „Sommereis“ am Bahnhofsplatz lassen die letzten Steine und Holzstücke im Wasser verschwinden. Das seinerseits erwartete Probieren meines extrem dunklen und gut schmeckenden Brombeereis blieb ihm aber diesmal verwehrt. Grund dafür, seit Tagen plagt mich eine Fieberblase. Seit Monaten das Knie, seit Montag ein fürchterlicher Muskelkater und jetzt auch noch eine Fieberblase. Schön langsam könnten mich all diese Plagen wieder verlassen. Schon zu Hause geglaubt, trat ein nochmaliger Besuch des Flussufers auf seinen Plan. Gesagt, getan. Also genossen Mama und ich ein zweites Mal die noch vorhandene Sonne am Himmel. Zu Hause, Schuhe im Laubengang entledigt, folgte ein intensives Händewaschen, da der Uferschlamm unangenehm roch. Die ganze Wohnung ist ein riesiges Meer und du bist das Tiefseeungeheuer, erklärt er mir seine Spielregeln. Ich lebe auf dem Land, das sind alle Bänke, Sesseln und andere Sitzgelegenheiten und auf denen darfst du mich nicht angreifen. Nur wenn ich mich ins Wasser wage. Und außerhalb besitze ich eine Eispistole, die dich erstarren lässt. Und ich, frage ich? Du kannst Feuer speien, aber das kann ich mit der Eispistole bekämpfen. Schöne Aussichten stelle ich mir eigentlich anders vor und mir ist bewusst, dass es wieder zu ungleichen Kämpfen kommen wird und ich jetzt schon als Verlierer dastehe. Als Mama vor dem Schlafengehen, eine kurze Zeit TV genehmigt, bedeutet das Erholungszeit für mich. Der Sonntag beginnt mit einer extrem langen Schlafphase. Daher verschiebt sich das Frühstück in die späte Mittagszeit. Während Mama ihrer beiden Sachen packt, muss ich noch mal in die tiefe Unterwasserwelt abtauchen und als feuerspeiendes Ungeheuer gegen die Vereisungspistole von Lux ankämpfen. Wie immer, erfolglos! Der Abschied folgt und die plötzliche Leere und Stille in der Wohnung setzt mir zu.
© Erich Stöger 2025-04-28