Operation „Hallstatt“

Andreas Trimmel

von Andreas Trimmel

Story

Mittwoch.

Hab’ mich als Touri verkleidet und bin nach Hallstatt ge… – nein, nicht gegondelt, nur geschippert. Also erst ganz bodenständig mit dem Wagen ein Stück des Weges gekurvt. Bis dann das Wasser im Weg war. Q hatte meinen Wagen noch nicht mit den neuesten marinen Features ausgestattet, somit fiel diese Option aus. Hab’ dann in Obertraun halt ein Schiff gekapert und den Piloten… Kapitän gezwungen, mich mit seiner Hallstatt nach Hallstatt überzusetzen. Nachdruck verlieh ich meiner Forderung, indem ich ihm die Euronen ansetzte. Mit großen Augen und schmerzverzerrtem Gesicht ergab er sich seinem Schicksal. Nicht ohne mir gleich anzubieten, dass ich sein Schiff auch für die Rückfahrt shipnappen möge. Dann aber ohne den ganzen Zinnober, meinte er.

Ich hab’ dann den Befehl zum Ablegen gegeben – und schon ging’s los. Majestätisch durchpflügte die Hallstatt ihren gleichnamigen See und nahm Kurs auf den ebenso genannten Ort am anderen Ufer – sehr kreativ waren die bei der Namensgebung nicht –, jenseits des dunkel schimmernden Gewässers. Selbst die Geiseln konnten die Fahrt genießen.

Als der Kapitän, entsprechend meinen Anweisungen, das Schiff der von mir gewählten Anlegestelle näherbrachte, da verfinsterte sich meine Miene. Da! – lag! – ein! – anderes! -Schiff! An MEINER Anlegestelle! Und blockierte mich! Unglaublich! Gut, musste ich halt improvisieren. Begann meine „Operation Hallstatt“ halt nicht in „Hallstatt Markt“ sondern in „Hallstatt Lahn“. Erleichtert nahm der Kapitän meine Entscheidung zur Kenntnis und navigierte zur etwas außerhalb gelegenen alternativen Anlegestelle. Vermutlich hatte er schon befürchtet, ich wollte, wie in „Speed 2 – Cruise Control“, sein Schiff direkt vorm Rathaus parken.

Wieder festen Boden unter den Füßen verschwand ich sofort in der Menge. „Nur nicht auffallen“, war die Devise. Erst ins Zentrum gelangen und dann den Überraschungsmoment nutzen. Das Nicht-Auffallen fiel mir diesmal nicht schwer. In weiser Voraussicht hab’ ich alle Reisen aus Asien stornieren lassen, sodass kein einziger Asiate unterwegs war. Nur etliche Österreicher und einige Exoten aus den Nachbarländern waren zu sehen, sodass ich mit der Menge mitschwimmen konnte und es unbemerkt in die Mitte des Ortes schaffte.

Dort zückte ich dann meine Waffe und vollbrachte die Mission. Voller Enthusiasmus und Begeisterung bestaunte ich alles und photographierte ich einiges, was mir vor die Augen kam. Auch bei fehlendem Sonnenschein hat diese Statt ihren magischen Zauber, die hat sogar im Widerhall der fallenden Regentropfen ihren unwiderstehlichen Reiz. Eine Statt mit Geschichte. Ich kam aus dem Staunen nicht heraus. Die Operation wurde ein voller Erfolg.

Hallstatt ist jedenfalls einen Besuch wert. Einfach durchschlendern, staunen, genießen, … . Und wenn Du hinkommst, dann grüße den Kapitän von mir, ja? Der war übrigens froh, als ich in Obertraun vom Schiff ging, in meinen Wagen stieg und davonfuhr.

© Andreas Trimmel 2021-07-15