von Urs Koller
Von Montreal nach Hamburg – es klingt faszinierend und ist es auch! – Den Lorenzstrom runter bis St. John´s – Kanada von seiner schönsten Seite. Und nun war es wieder mal so weit: zum zigten Mal ĂĽber den grossen Teich Richtung Europa. Ich mochte gerne diese vielen Seetage, man lernt seine Mitreisenden besser kennen und kann als Animator auch mal richtige Turniere ausfĂĽhren, von Skat bis zum Puttturnier auf Deck 11 solange denn auch das Wetter mitmacht.
Irgendwann wurde es immer windiger, die Wellen hatten schon richtigen Surfcharakter. Wir waren ziemlich genau Höhe Kap Farvel, auf grönländisch Uummannarsuaq, die sĂĽdlichste Spitze Grönlands und fuhren unbeirrt in die violette Wetterzone hinein. Es kam wie es kommen musste: Orkanböen um 11 Beaufort herum, Wellen bis 12 Meter hoch und unsere Amadea stampfte sich wacker durch, bis dann in der Nacht sämtliche Windschutzscheiben und alles festgezurrte auf Deck 7 von einer Monsterwelle erfasst und zerstĂĽckelt wurden. Es blieb nicht aus, dass die ersten Kabinen an Ăśberschwemmung litten. Am nächsten Morgen wurden dann alle Gäste in den Musiksalon gebeten und Kapitän sowie Kreuzfahrtdirektor erklärten den ziemlich bleichen Mitreisenden die aktuelle Lage. Ein Ausweichen des Sturmes kam nicht infrage – nur ein Durchhalten des Schiffes und natĂĽrlich der Gäste.
Auf Deck 7 (Promenadendeck) war Bugseits eine Tür und die musste, nachdem ja die Scheiben weg waren, auch daran glauben. Jetzt waren die Kabinen der Reiseleiter geflutet. Provisorisch wurde die Türe geflickt, hielt aber nicht lange gegen diese Gewalten stand. Krisensitzung im Büro: Alle die noch eine trockene Kabine hatten mussten diese für die Gäste räumen, welche auch schon nasse Füße hatten. Die Frauen haben es sich dann im SPA Bereich provisorisch eingerichtet, wir Männer mussten und dann eine Kabine zu zweit teilen. Das hieß: Barfuss ins Bad, dann auf die Bettkante, Füße abtrocknen und ab unter die Decke für ein paar Stunden Schlaf.
Es wurde langsam etwas ruhiger, die Besatzung war sehr bemüht, die Schäden in Grenzen zu halten. Auch wir Reiseleiter haben uns dann den Wassersaugern gewidmet und die Kabinen ständig abgesaugt. Die Teppiche blieben natürlich tropfnass. Unser nächstes Ziel war Cobh in Irland. Dort bestellen wir dann auch sämtliche auffindbare Trockengeräte, da die wenigen an Bord nie ausreichen würden.
Cobh, endlich wieder festen Boden unter den Füßen. Ausflüge und tief durchatmen war angesagt. Durch den Zeitverlust im Sturm mussten wir dann einen Hafen auslassen. Zur exakten Zeit sind wir in Hamburg angekommen, haben die Gäste verabschiedet und uns auf die nächste Reise vorbereitet. Vor lauter Sturm haben wir fast vergessen, dass es eine, mindestens am Anfang wunderbare Reise war!
© Urs Koller 2021-07-26