Osterbräuche – ich gern verscheuche

Sabine Almhofer

von Sabine Almhofer

Story

Gefunden ward des Löwen Zahn in gar jungfräulicher Aufmachung, zart und hell. Ihn zu pflücken – unberührt – ward nicht einfach. Es sind des Hundes Markierungen genauso wie die Pestizide der umliegenden Felder, die bisher Sonnentor den Vorzug gaben.

Doch es gibt ihn, DEN Platz, der zu dieser Jahreszeit gänzlich unberührt ist und sich als Unkraut- oder Heilkraut-Eldorado entpuppt. Das Gelände ist eingezäunt und abgesperrt und bestimmt brechen hier nicht viele Menschen ein. Siegt der Abenteuergeist über die Angst, spricht aber nichts dagegen, durch den kurzen Tunnel hinter den Zaun zu krabbeln. Der Tunnel ist Teil eines schmalen Wadi’s, der bei starkem Regen einen reißenden Fluss durch unseren Stadtteil bildet.

Die Erkenntnis, dass der Tunnel am anderen Ende sehr viel niedriger ist als beim Einstieg erreicht mich gleichzeitig mit der Tatsache, dass ich am anderen Ende nicht elegant wie eine Gazelle, sondern plump wie ein Elefant aufschlage. Falls durch mein Gehirn etwas wie „Bauch – Beine – Po – Dehnungsübungen“ zischt, lässt es leicht wieder abwimmeln, denn die Ernte beginnt JETZT.

Ich muss kichern, wenn ich daran denke: „Aber, du kannst doch nicht….“

Und dabei stört sich niemand daran, dass ich das Freibad außerhalb der Öffnungszeiten besuche und die Liegewiese vom „Unkraut“ befreie.

Die Leber freut sich, dass endlich auf ihre Bedürfnisse eingegangen wird und das Osterlämmchen freut sich, dass es nicht geschlachtet wird. Diejenige zumindest, die noch niemals Lamm gegessen hat, wird auch heuer wieder ausnahmsweise keines auf den Tisch zaubern und auch nicht in die tieferliegende Futterschüssel des griechischen Mitbewohners. Die nächsten Wochen stehen Löwenzahnpesto und Löwenzahnsalat auf dem Speiseplan.

Vielleicht war es ein Undercover-Osterhase, der es ihm geflüstert hat, dass grüne Genüsse nun Vorrang haben und er sich den Traum vom Osterhasen abschminken kann. Bob gräbt sein Straßenhund-Image hervor und schnüffelt die Wiese ab als müsste er sich sein Futter selber suchen um zu überleben. Es scheint nach „Sonderangebot“ zu riechen und er benimmt sich wie ein Single-Mensch auf Schnäppchenfang im Supermarkt, der auf eine „Kauf 4 Aktion“ hereinfällt. Luftgetrocknet mag grundsätzlich für Qualität stehen, aber Bob, siehst du denn das abgelaufene Haltbarkeitsdatum nicht?

Was auf den ersten Blick aussieht, wie ein grauer ausgedienter Fetzen entpuppt sich bei näherer Betrachtung als etwas, mit einem vertrockneten Kopf. Man käme als Mensch niemals auf die Idee, dass ES fressbar ist. In Bob’s Glückseligkeit über die unerwartete Osterknabberei am Karsamstag werden alle Versuche eines Tauschhandels abgelehnt. Er knackt fröhlich auf den luftgetrockneten Fledermausknochen herum und lässt ein trotzig zeterndes Frauli neben sich stehen.

Bob und ich wünschen ein fröhliches Osterwochenende!

© Sabine Almhofer 2023-04-08

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