von Kristina Pyrlik
“Du bist jetzt vegan? Mein Gott, dann kannst du ja gar nichts mehr essen …” So oder so ähnlich reagierte mein Opa auf meine Ernährungsumstellung. Wie die meisten Menschen konnte er sich zwar noch vorstellen, vegetarisch zu leben, aber eine Ernährung ohne Eier und Milchprodukte kam für ihn nicht infrage.
Auch mein Vater, der mir zu Ostern einen Besuch abstatten wollte, wirkte ratlos. “Dann kann ich dir ja keine Ostereier mitbringen … nicht mal Schokolade!” Als ich ihm erklärte, dass es sogar sehr leckere vegane Schokolade gab und dunkle Schokolade ab 70% Kakaoanteil sogar generell vegan wäre, schüttelte er nur mit dem Kopf. “Dann bring ich dir einfach ein bisschen Gras mit.”
Ich kann gut verstehen, dass sich mischköstlich lebende Menschen, die sich noch kaum mit dem Thema pflanzenbasierte Ernährung beschäftigt haben, auch nicht viel damit anfangen können. Für die meisten bedeutet “vegan” eine enorme Einschränkung, einen Verzicht auf (fast) alle Lebensmittel, die sie regelmäßig essen und genießen. Auch mir schmeckten Fleisch und tierische Lebensmittel 23 Jahre lang sehr gut, bis ich die Herkunft, die Ethik und die Auswirkungen auf das Klima und meine Gesundheit hinterfragt habe.
Zurück zum Thema: Ostern für Veganer. Mein Freund und ich sind dieses Jahr am Ostersonntag zum Essen bei meiner Mutter eingeladen. Im Gegensatz zu einigen anderen Familienmitgliedern sind meine Mutter und meine Oma sehr offen und kreativ, wenn es um die Zubereitung von veganen Gerichten geht. Dieses Jahr soll es eine cremige Süßkartoffel-Suppe, einen veganen Braten aus Seitan, knusprige Kartoffelspalten aus dem Ofen, knackigen grünen Spargel, krosse Kartoffel-Spinat-Kroketten, einen fluffigen Schokokuchen und selbstgemachtes fruchtiges Eis geben. So viel zu dem Thema “dann kannst du ja gar nichts mehr essen”.
Ich habe das Gefühl, dass unsere veganen Familienessen an Feiertagen allen Beteiligten viel mehr Spaß machen. Meine Oma und Mutter haben Freude daran, neue Dinge auszuprobieren und teilweise auch ganz neue Lebensmittel für sich zu entdecken. Und alle anderen haben Spaß am Essen, weil sie ebenfalls neue Gerichte (aus)probieren dürfen, die sehr gut schmecken und sich nicht nach Verzicht anfühlen.
Natürlich wird es dieses Jahr keine traditionellen Ostereier geben, aber ganz ehrlich: hart gekochte Eier waren noch nie mein Ding. Und vielleicht ist es ja auch langsam an der Zeit für neue Traditionen.
© Kristina Pyrlik 2021-04-01