Papa, ich muss weiterziehen.

Hey Papa,

Ich habe mir gesagt, dass ich aufhöre jede Seite zu zerreißen und jedes Wort, das ich an dich richte, dreimal zu überdenken. Du bist noch immer, aber irgendwie halt nicht. Ich kann nicht länger deine Rolle in unserer Familie einnehmen und so tun, als sei es nur vorübergehen. Nicht zum ersten Mal habe ich eine Version von dir im Garten vergraben und mich selbst damit beerdigt.

Die Rechnungen stapeln sich wegen Kosten, die ich heute noch nicht zahlen kann. Meine Person ist zu einem Sorgenfass verschwommen, hinter dem ich mich nicht mehr entdecke. Mama ist doch selber krank, Papa. Ich kann mich nicht um euch beide und mich selber kümmern. Ich weiß, ich muss und werde, bis ich selber nicht mehr kann, Papa ich bin doch selber krank. Neben deinem Grab da steht auch meines, ob wohl ich wirklich gerne leb.

Gestern, da war ich glücklich, morgen möchte ich es wieder sein. Ich verlange doch nicht zu viel von dir, nur ein bisschen was für mich. Such dir Hilfe, finde Kraft, damit ich das alles schaff. Papa, du bist mal meine Welt gewesen, ich hab zu dir aufgesehen. Bitte Hilf mir in der Not, Papa du bist noch gar nicht Tod!

Der Fernseher ist mir zu laut, seit 5 Jahren war er nicht mehr aus. Bitte steh doch einmal auf! Auf der Straße fragen Menschen, wie es dir denn heute geht. Ich kann das kaum ertragen, heute geht’s mir gar nicht gut. Morgen werde ich wieder Lachen, morgen finde ich neuen Mut.

Im Garten setz ich neue Pflanzen, Mama schaut mir dabei zu. Sie sagt, wir können noch was machen, etwas das die Stille bricht. Wir gehen dort hin wo uns keiner kennt, wo keiner deinen Namen nennt. Das ist unsere kleine Flucht, vor dem was alle kommen muss. Heute gibt es nur uns zwei, Probleme und Alltag bleiben schön bei dir, weil du sie nicht verlassen willst.

Morgen beerdige ich dich zur Not nochmal, bis Gott dich selber zu sich holt. Ich kann nicht für meinen Bruder der Vater sein, wenn ich so tue als sei es nur für heut.