von KSG
Etwas Seltsames geschah. Anders als die anderen hatte ich das Bedürfnis, das Hotel so schnell wie möglich wieder zu verlassen. Natürlich konnte ich nicht alleine beschließen auszuchecken. Ich wusste nicht einmal, wo genau wir waren und ich erinnerte mich nicht, wie lange wir vom letzten Ort bis zu diesem abgelegenen Hotel in den afrikanischen Bergen der Eastern Highlands gefahren sind. Den anderen gefiel es hier von Tag zu Tag besser, sie kamen mir jedoch irgendwie verändert vor. Sie unterhielten sich immer mehr über Luxus und über Belanglosigkeiten. Als ich sagte, dass ich Spazieren gehe, lagen sie gerade am Pool und tranken schon wieder diese fürchterlich süße Limonade. Wie schon die letzten Tage zuvor begegnete mir in dieser riesigen Hotelanlage niemand anderes, nur wir vier und der Alte, den Greg Kaspar genannt hatte und der hier der einzige Bedienstete im Hotel zu sein schien. Ich lief vom Hotel aus in Richtung Wald. Ich ging einen verwachsenen Weg entlang. Nah am Hotel war alles geschnitten und gut gepflegt und je weiter ich mich entfernte, desto unwahrscheinlicher kam es mir vor, dass hier in letzter Zeit jemand gewesen war. Irgendwann kam ich an einer Wiese vorbei, auf der mitten im hochgewachsenen Gras ein Rasenmäher einfach abgestellt worden war. Als hätte jemand einfach plötzlich aufgehört zu mähen und hatte den Rasenmäher einfach dort stehen lassen. Seitdem muss jedoch schon sehr viel Zeit vergangen sein. Etwas stimmt hier im Hotel nicht, dachte ich und ging weiter. Ich erschrak, als ich ein Bellen hörte. Ein Bellen, das aus dem Wald kam. Ich hatte erzählt bekommen, dass es Paviane sind, die bellen und kreischen. Aber obwohl man mich vor den Baboons, wie die Affen genannt wurden, gewarnt hatte, waren es nicht die Affen, von denen ich Angst bekam. Bis hier hin hatte ich nämlich nichts gehört, kein Bellen, kein Vogelgezwitscher, kein Zirpen… Der Weg war jetzt kaum noch als Weg zu erkennen. Trotzdem ging ich noch einige Schritte weiter. Plötzlich sah etwas Merkwürdiges zwischen den Ästen flattern, stellte aber schnell fest, dass es selbst nicht flog, sondern nur vom Wind hin und her geschaukelt wurde. Ich ging näher heran und erkannte, dass hier Muschelketten in die Bäume gehängt worden waren. Überall hingen Muscheln an langen Fäden in den Bäumen. Aber wer hängte Muscheln in Bäume und warum? Wir waren ungefähr 350 Kilometer vom Indischen Ozean entfernt, woher kamen all die ganzen Muscheln? Ich traute mich nicht, weiterzugehen. Genauso falsch kam es mir aber auch vor, zurückzugehen. Ich ging also in Richtung des Hotels, aber diesmal ging ich noch einen anderen Weg entlang. Einige hundert Meter vom Hotel entfernt, fand ich eine kleine Holzhütte. Ich weiß nicht, was mich an dieser Holzhütte reizte, aber ich ging auf sie zu und versuchte hineinzuschauen. Die Fensterläden waren verschlossen. Auch hier war alles verwachsen. Das Schloss an der Tür war verrostet. Mit einem kräftigen Ruck, ließ es sich öffnen. Die Tür ging nach innen auf, in der Hütte war es stickig und dunkel. Ich erkannte etwas, das mich an das Bohrsche Atommodell erinnerte, daneben hingen verschiedenen Sternenkarten unseres Sonnensystems. Bücherstapel lagen auf einem Tisch. Der Geruch war so nun so moderig, dass ich die Hütte nicht noch weiter betreten wollte, doch dann sah ich etwas, dass mich erstarren ließ. Ich erkannte es nicht sofort, dabei lagen sie auch im Hotel überall. Aber dieser hier in der Hütte war anders. Es war ein Schmetterling, viel größer als ich selbst.
Ich rannte los, rannte zurück zum Hotel…..
© KSG 2024-06-02