Paradiesvögel

Sabrina Farkas

von Sabrina Farkas

Story

Meine Freude über den ausgezeichneten Erfolg bei der Matura hielt nur kurz an: Wenig später kam die Absage von der Fachhochschule, an der ich mich um einen Studienplatz beworben hatte. Da ich schon damals kein Fan von „erstmal einfach irgendetwas studieren“ war, suchte ich mir einen Job – ohne Arbeitserfahrung kein leichtes Unterfangen. Schließlich bestand ich das Aufnahmeverfahren für die Buchungszentrale einer österreichischen Fluggesellschaft.

Nach der Einschulung kam ich in eines der Teams, wo ich unsere Chefin kennenlernte, die ihre Koje im Call Center genau neben meiner hatte. Es dauerte nicht lange, bis ich ihre Leidenschaft für Mahjong teilte, um uns in ruhigeren Schichten die Zeit zwischen den Anrufen zu vertreiben. Auch mit einigen Kolleginnen freundete ich mich rasch an, obwohl ich doch das Nesthäkchen im Team war. Neben lustigen Pausen verbrachten wir auch feuchtfröhliche Partynächte miteinander.

Im darauffolgenden Jahr bewarb ich mich erneut an der FH und erhielt diesmal eine Zusage. Nach reiflicher Überlegung – ich hatte den Job und die Kolleginnen inzwischen sehr ans Herz geschlossen – entschied ich mich, meine Stelle dennoch zugunsten des Studiums zu kündigen. Wenige Monate später folgte die Privatisierung der Fluglinie, die mein Ausbildner noch im Vorjahr als Ammenmärchen bezeichnet hatte und mit ihr wurde die gesamte Abteilung aufgelassen.

Meine ehemaligen Kolleginnen verließen, manche umgehend und andere erst nach internen Rotationen, ebenfalls das Unternehmen. Das hinderte uns jedoch nicht daran, weiterhin gemeinsam zu feiern. Wir veranstalteten eine Reunion und trafen uns ab da regelmäßig. Dabei ließen wir die skurrilen Erlebnisse, die wir bei der Hotline gemacht hatten, wieder aufleben und schufen neue, lustige Erinnerungen.

Zentrales Mitglied unserer Sechsergruppe war eine Oberösterreicherin, die seit Jahren in Wien wohnte, wo sie häufig umzog. Egal, wo sie sich gerade niedergelassen hatte, meist trafen wir uns bei ihr daheim. Besonders wichtig war unserer ehemaligen Chefin, die sich beruflich beim Bundesheer neu orientiert hatte und daher unter der Woche durchgehend Khaki trug, dass unsere Treffen stets unter einem Motto standen. Das wurde dann detailreich in Outfits, Verköstigung und Deko umgesetzt. Wir haben Mexiko, Regenbogen, Mundl, Helden der Kindheit, Bad Taste und zig weitere Themen durchgespielt. Dann beschloss unser Alphaweibchen, ein weiteres Mal zu übersiedeln: Sie wollte nach Oberösterreich zurückkehren.

Sechs erwachsene Frauen, allesamt kinderlos, mit einer zu überwindenden Distanz von kaum zwei Stunden Fahrzeit. Man möchte meinen, regelmäßigen Treffen stünde weiterhin nichts im Weg – aber tatsächlich haben wir uns beim Beladen des Transporters unserer Oberösterreicherin zum letzten Mal gesehen. Diesmal waren es keine frischgeschlüpften Neuankömmlinge, die bestehende Bande lösten, sondern die Brutgeschwister, die flügge wurden.

© Sabrina Farkas 2020-09-30

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