Parken im Neusiedlersee

GONI

von GONI

Story

Mein Vater hats versucht.

Er war länger dort als geplant.

Eigentlich wollte er nur ein Boot mit dem Bootsanhänger wassern. Der Weg durch das Schilf war weit, eine Umkehrmöglichkeit nicht vorhanden. Bleibt nur der Weg vorwärts, in den See hinein umdrehen und wieder raus fahren. Das ist Theorie. In der Praxis verlief die Geschichte aber anders.

Vater was Bootsbauer und Händler mit Bootsmotoren. Mein Onkel hatte einen Jeep von den Amerikanern erstanden. Mein Vater hatte den Führerschein, mein Onkel das Auto.Eine gute Konstellation.

So hat mein Vater zwischen Wien und Gmunden die Fahrten für meinen Onkel erledigt und auch die notwendigen Transporte für seine Kunden durchgeführt. Da es oft notwendig war, das am Wochenende zu erledigen war seine Familie mit an den Seen. Diesmal war ein Fischer aus Purbach zu besuchen. Ein Boot ins Wasser zu bringen, einen neuen Motor vorzuführen etc: Ein Verdeck gab es nicht. Die vier im Jeep. Vater und Mutter vorne, wir Kinder hinten auf dem kurzen Bankerl. Gut zugedeckt machten wir viele lange Fahrten mit. Endlos erscheinende Stunden. Die häufigste Kinderfrage: „Wie lang noch?“ oder „Sim ma bald da?“

Der Bootsanhänger mir Boot hinten angehängt, erreichen wir Purbach. Der Weg durch das Schilf ist weit. Ein schmaler Damm führt entlang eines Kanals zum See. Die Fischer müssen ihre Boote stangeln, weil für Ruder kein Platz ist. Auch der Segelyachtclub hat dort seine Stege und Clubhaus. Das Boot wird zu Wasser gelassen, der Anhänger umgedreht. Nun soll der Jeep umdrehen. Forsch um nicht steckenzubleiben dreht mein Vater eine Runde im See. Aber hoppla, da ist etwas Neues. Der Wagen sackt vorne ein, er gibt Gas die Räder drehen durch, Sand und Wasser werden an der Hinterachse hochgeschleudert. Aber der Jeep bewegt sich nicht weiter. Vorwärts, Rückwärts nichts geht mehr.

Der Wagen sitzt fest. Schnell wird ein Abschleppseil hervorgeholt, wenige Menschen versuchen zu ziehen, aber nichts geht. Ein Auto wird gebracht, es ist zu schwach, das Seil auch, es reißt. Alles untaugliche Versuche. Der Fischer macht sich auf den Heimweg, telefonieren. Es dauert ewig, dann nähert sich im Rückwärtsgang ein LKW. Ein Stahlseil wird ins Wasser gebracht an der vorderen Stoßstange eingehängt und endlich ganz langsam bewegt sich der Jeep ans Ufer. Die Parkzeit überzogen. Was ist passiert. Ein paar Tage vorher wurde eine Rinne ausgebaggert, damit die Segelschiffe leichter hinausfahren können und nicht immer ihr Schwert einziehen müssen.

Die Heimfahrt, in dunkler Nacht fahren wir zurück. In den Orten gibt es Straßenbeleuchtungen, der Wagen federt auf den holprigen Straßen und mit zugekniffenen Augen fangen die Lampen zu tanzen an, wunderschöne eckige oder auch komplizierte Lichtfiguren erscheinen auf deiner Netzhaut um auch gleich wieder zu verschwinden, da kommt die nächste Lampe. Wieder und wieder warten wir auf die nächste Ortschaft und deren Lichter. Wir erfreuten uns an dem Schauspiel dieser Nacht.

© GONI 2019-08-12

Hashtags