von Evelyn Weyhe
Ein klappriger Kleinbus kommt in einer Staubwolke direkt vor uns zum Stehen. Der Fahrer stellt sich als Ali vor und hilft unser Gepäck zu verstauen. Eigentlich ist damit die Kapazität des Fahrzeugs erreicht, wo sollen wir sitzen? Plötzlich taucht auch noch ein Beifahrer auf, so sind wir insgesamt 9 Passagiere. Wir quetschen uns auf die durchgesessenen Sitze, hocken auf Kühlboxen und Taschen. Völlig überladen holpern wir durch Schlaglöcher Richtung Hauptstraße. In der ersten Kurve öffnet sich die Schiebetür, Gepäck purzelt heraus. Noch sind wir gut gelaunt und lachen. Nachdem wir alle paar Kilometer unsere Sachen von der Straße aufsammeln müssen, bindet Ali kunstvoll ein Seil von außen an den Türgriff.
Nächster Halt ein Police-check. Es wird halbherzig das überladene Auto bemängelt, Ali reicht ihm einen Schein und weiter geht die Fahrt. Es ist unglaublich heiß, ein Fenster lässt sich nicht öffnen, mir ist leicht übel, weil von dem hinteren Teil des Fahrzeugs aus einem Fenster das sich nicht schließen lässt, Abgasgeruch hereinweht.
Wieder ein Police-check, diesmal bemerkt der Polizist, dass der Bus zwei verschiedene Nummernschilder hat. Lange Diskussion, die wir nutzen, um unsere eingeschlafenen Füße zu bewegen und uns aus der Kühlbox zu erfrischen. Ali schraubt indessen das hintere Schild ab und verschwindet im Dorf. Irgendwann kommt er mit einem Stück Pappe zurück, auf das er mit Kugelschreiber die Nummer des vorderen Schildes schreibt. Das Kunstwerk wird dann mit Draht hinten befestigt.
Kaum zu glauben, aber der 3. Police-check naht. Dieses Mal will der junge Polizist unsere Pässe sehen. Meiner scheint ihn besonders zu interessieren. In diesem Augenblick fällt meinem Sohn Alex ein, dass mein Visum seit einem Tag abgelaufen ist. Er diskutiert mit dem Polizisten, der darauf besteht, dass wir zurückfahren. Alex erklärt, dass heute sein Geburtstag sei und wir diesen gemeinsam feiern wollen. Ich bekomme meinen Pass zurück mit dem Befehl diesen dem Fahrer mit zurück nach Pemba zu geben um das Visum zu verlängern. „Aber nur weil Dein Sohn Alex wie ich heißt!“ Alex 2 bekommt ein paar Zigaretten und Ali gibt Gas.
Kurz darauf schlingert das Fahrzeug und kommt zum Stehen. Ein platter Reifen! So langsam verlässt uns die gute Laune. Sinnlos zu bemerken, dass kein Reserverad da ist, nur so ein winziges, das aber keine Luft hat. Wieder verschwindet Ali im Busch. Irgendwie hat er es halbwegs aufgepumpt bekommen und brettert mit unverminderter Geschwindigkeit weiter. Spätnachmittags erreichen wir eine Stadt. Ali muss einen Reifen kaufen gehen, wir laufen indessen über den Markt.
Im Dunkeln erreichen wir unsere gebuchte Unterkunft. Keiner da, alle Hütten verschlossen. Mit Taschenlampen suchen wir nach einem Schlüssel, den wir auf einem Fensterbrett finden. Im Haus kein Geschirr, kein Besteck. Wir schneiden die Wasserflaschen in die Hälfte und stoßen damit auf Alex Geburtstag an.
Mein Pass reist mit dem Fahrer davon.
© Evelyn Weyhe 2021-01-29