Peinliche Verliebtheit

rebella-maria-biebel

von rebella-maria-biebel

Story

Ich war fĂĽnfzehn und empfand mich als ziemlich hässlich. Nicht völlig, es gab einiges, das ich auch damals schon an mir mochte. Meine Augen, meine Hände…, viel mehr gab es nicht an Wohlgefälligem an mir. Meine Stirn war voller Pickel, die Haare – immer noch zu einem langen Zopf gebunden! – waren am Tag nach dem Haarewaschen bereits wieder unappetitlich fettig. Und pummelig war ich auch noch. Ich weiss noch, dass es mich manchmal richtig aus der Bahn warf, wenn mir ein Typ nachpfiff. Das Nachpfeifen mochte ich sowieso nie, aber wenn es mir gelten sollte, dann dachte ich noch, dass der Kerl irgendeinen Betriebsfehler haben mĂĽsste, wenn er an mir etwas attraktiv fand. Und so träumte ich von Elvis, der war weit genug weg um meine Mängel zu erkennen.

Mein Bruder Helmut begann in dieser Zeit, Parties zu geben. Zum Auftakt gab’s immer Ping-Pong-matches am ausgezogenen Speisezimmertisch. Das war quasi das Kinderprogramm, da war ich also schon länger dabei. Tommi war einer von Helmuts Studienkollegen, so ein Existenzialist, ganz in Schwarz, voller Diskussionsstoff, der war ein ständiger Gast.

Und eines Tages nahm er seinen jĂĽngeren Bruder Heli mit. Er war nicht atemberaubend hĂĽbsch, kleiner als ich, aber umwerfend lieb. Ich verlor in seiner Gegenwart vor Aufregung meine Sprache. Das machte ihm nichts aus, er hatte eine Menge zu erzählen, und ich war eine gute Zuhörerin. Monatelang kam er jede Woche Ping-Pong-spielen. Wenn wir dann die Schläger und Bälle wegräumten, behielt ich seinen Schläger und legte ihn unter meinen Kopfpolster… und träumte. Wovon eigentlich? Ich hatte keine Ahnung . Es fĂĽhlte sich jedenfalls aufregend an mit Herzklopfen und so. Aufgeregt war ich schon deshalb, weil mich niemand entdecken durfte mit meiner Trophäe unterm Polster. Wenn ich beim Einschlafen danach griff, lächelte ich und träumte mich in Helis Nähe.

Bis mein grosser Bruder draufkam, nach vielen Monaten. Da war ich vielleicht nicht mehr so vorsichtig. Helmut kam zum Sonntagmorgengeblödel, und wie wir so herumalberten, blitzte etwas oranges unter dem Polster hervor, Helis Schlägergriff.

„Na geh, was tust denn damit in der Nacht? Heli herzaubern oder was…?“

O Gott. Helmut lachte sich kaputt und ich wollte in den Erdboden versinken. Nie zuvor hatte ich mich so sehr geschämt. War ja wirklich sowas von blöd mit einem Schläger schlafen zu gehen. Ich versuchte irgendwelche Ausreden, aber mein geliebter Bruder hörte nicht auf, mich auszulachen. Letztlich nahm ich ihm das Versprechen ab, mich nicht zu verraten, das er aber nicht hielt.

Heli sah mich beim nächsten Kommen komisch an, lud mich auf einen Spaziergang ein, gab mir sogar ein Küsschen. Es nützte nix, die Scham hat die Verliebtheit verschluckt. Zurück blieb diese blöde Lächerlichkeit, die peinliche Erinnerung an den Schläger unterm Polster. Und an die Entdeckung und den gemeinen Verrat meines Bruders.

Es hat ganz lang ganz viel wehgetan. Blöde Pubertät…

© rebella-maria-biebel 2019-09-14