Perfektion – mein Taranaki

Carolin Walleser

von Carolin Walleser

Story

Die Straße des Forgotten World Highway schlängelte sich durch die märchenhafte Landschaft und zeitweise fühlten wir uns tatsächlich wie in einer vergessenen Welt. Wir, das sind mein Freund Felix und ich während unseren fast 7 Monaten in Neuseeland. Felix setzte den Blinker zu einem besonderen Aussichtspunkt. Von hier aus sahen wir im Osten die Vulkane Ruapehu, Ngauruhoe und Tongariro, die wir bereits bestiegen haben, und im Westen den Taranaki. Wahnsinn! Der Anblick erfüllte mich mit Stolz über die vergangenen Gipfelbesteigungen und zugleich mit Ehrfurcht vor diesem perfekten Vulkan, dem Taranaki!

Vor langer Zeit haben sich Taranaki und Tongariro um eine Vulkan-Dame gestritten, die sich am Ende für Tongariro entschied. So zog Taranaki allein an die Westküste und hinterließ einen riesigen Tränenfluss, den Whanganui River. Schöne Maori-Geschichte oder? Ich konnte es nicht erwarten, Taranaki näher zu kommen, für mich war er nämlich keineswegs weniger bezaubernd als die Vulkane im Landesinneren.

Taranaki ist der neuseeländische Berg, der die meisten Todesopfer fordert. Deshalb überlegten wir uns, eine geführte Tour zu machen, aber die freundlichen Frauen im Besucherzentrum waren überzeugt, dass wir es allein schaffen würden.

Am nächsten Morgen gingen wir früh los und konnten so den Sonnenaufgang bestaunen, als wir schon ein paar Höhenmeter gemacht hatten. Die aufgehende Sonne färbte den felsigen Berg ganz rot und die dunkle Stadt wurde mit Licht durchflutet. Wunderschön!

Der Weg war hart. Mount Taranaki ist 2518 Meter hoch – beachtlich bei der Nähe zum Meer. Die Aussicht trieb uns immer weiter an. Meine Gefühlslage schwankte – beim Blick nach unten war ich total fasziniert von der Landschaft, beim Blick nach oben wurde es mir anders, da der Weg noch so weit und steil wirkte.

Schon der Krater, in dem ein Eisfeld lag, war absolut beeindruckend. Wir meisterten den letzten Anstieg zum Gipfel. Dort angekommen waren wir sprachlos! Eine gigantische Aussicht! Die Gegend unterhalb des Berges ist flach, was sehr imposant wirkt von so weit oben. Wir sahen auf der einen Seite bis aufs Meer und auf der anderen ragte Mount Ruapehu aus den Wolken – unglaublich! Wir beobachteten die vorbeiziehenden Nebelschwaden, die uns immer wieder einen Blick in eine andere Richtung ermöglichten. Die Natur bot uns ein unvergleichbares Schauspiel!

Nach dem Vesper auf dem Gipfel traten wir voller Begeisterung den RĂĽckweg an. Weiter unten zog der Nebel nicht mehr auf und manchmal hatten wir sogar MĂĽhe, die Route zu erkennen. Da unsere Euphorie ĂĽberwog, hat uns das aber nichts mehr ausgemacht.

Dieser Berg hat mich inspiriert. Von den Tagen auf und um den Mount Taranaki nehme ich mit, dass Augenblicke und Situationen auch perfekt sein können, wenn der Himmel nicht strahlend blau ist, denn das ein oder andere Wölkchen, so manches Gewitter und Sturmtief machen das Leben zu dem, was es ist: aufregend, abwechslungsreich und absolut lebenswert!

© Carolin Walleser 2020-04-01

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