*Aus Harleys Tagebuch*
Zuerst dummer Kindergarten, dann die Schule, die insgeheim jeder hasst. Dazu noch die Uni, die sicherlich schlechter sein wird. Ergibt es ĂĽberhaupt einen Sinn. DarĂĽber, welchen Sinn das Leben und auch Ausbildung hat, entscheiden wir selber. Ich entschied, es gibt keinen. Deswegen, wĂĽrde es meine sorgenvollen Eltern nicht geben, wäre ich wahrscheinlich mit meinem sechzehn in den StraĂźen schlafen gegangen, weil Bildung keine Sache fĂĽr mich ist. Doch ich bin da, in einem warmen Haus und trinke den wohl leckersten Kräutertee der Welt. Aber, es bringt mir kein GlĂĽck. Auch wieder: Menschen wählen selber, was sie froh macht. Ich entgegen habe nichts ausgewählt. AuĂźer sehr wenigen Kleinigkeiten, wie KampfkĂĽnste. Oder alleine durch den Regen spazieren. Das macht mich aber eher traurig, als ich ĂĽber das Leben nachdenke. Mein Leben … ergibt keinen Sinn und bringt nur wenig GlĂĽck. Und was, wenn wir, Menschen, die Welt so falsch sehen, dass die Realität im Vergleich zu unserer Sicht nur eine Illusion ist, eine Luftspiegelung, die wir jeden Tag sehen, hören und spĂĽren? Ich bin schon längst in eine Falle geraten. Eine Falle, die aus Milliarden Fragen besteht. So viel glĂĽcklicher sind die Menschen, die die Philosophie nicht so ernst wie ich wahrnehmen. Genauso wie das Mädchen eines ein bisschen jĂĽngeren Alters, das ich heute im Zentrum Wiens, neben dem Stephansdom sah. Meiner Meinung nach war sie schön — in Pink vom Kopf bis FuĂź verkleidet. Sie lächelte der Sonne und wirkte froh. Endlich froh, glaube ich, nach der bewölkten Woche das Licht wiederzusehen. So leichtsinnig wĂĽrde ich auch gerne sein. Doch ich kann es nicht. Ich schaue auf verschiedene Aspekte aus einer ganz anderen Sicht. Viele sehen die Sonne, ich — eine Illusion. Einer sieht Geld auf dem Boden und ist sehr froh, es gefunden zu haben. Ich denke aber ĂĽber die arme Person nach, die es verloren hat. Und so ist es. Fast immer. Keine einzige Sache kann man nur von einer Seite ansehen. Es gibt tausende andere Perspektiven. Daher gibt es oft Auseinandersetzungen.
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Harley kritzelte die letzten Sätze fertig. Warum schreibt sie nur so einen Unsinn? Aber … nein, keine Perspektive soll als „Unsinn“ angesehen werden. Eigentlich sehr seltsam. Doch so ist es, war es und wird es sein. Während die Wissenschaft sich ständig verändert, lebt Philosophie ewig. Ihr fiel eine Träne aus dem Auge. Ahh, warum gibt es ĂĽberhaupt Emotionen? Warum soll sie weinen, obwohl es nicht mal einen Grund dazu gibt? Sie will es nicht … sie wischte ihr Gesicht mit dem Ă„rmel ihres Pullovers. „Was fĂĽr eine unsinnige, unnötige Tat ist das Weinen nur?“, dachte sie. Wieder fing sie sich bei der Benutzung des Worts „Unsinn“ beim Ausdruck einer Perspektive, von der sie das Weinen ansah. Dann schlossen sich ihre Augen. Harley schlief ein unter dem leichten Licht ihrer Lampe, der ihr in die Augen schien.
© Avalon-Mary Future 2024-01-02