von Karin Sieder
Als ich auf unseren Bauernhof kam, konnte ich gut Bilanzen zusammenstellen, Kinder beim Rechnen begleiten, Bücher lesen. Alles andere musste ich lernen. Das Stiefkind war vom ersten Tag an: der Gemüsegarten. 250 m² Fläche zum Austoben (in Wien wäre diese Wohnungsgröße unbezahlbar).
Meine Schwiegermutter war schon ein älteres Semester und pflanzte nur mehr Salat. Grünen Salat. In Unmengen. Wie aßen täglich grünen Salat. Egal zu welcher Hauptspeise. Alles andere empfand sie als Zeitverschwendung. Im ersten Jahr beobachtete ich das Geschehen. Im zweiten ging es der Schwiegermutter gesundheitlich etwas schlechter und sie konnte sich nicht mehr so intensiv um den Hausgarten kümmern. Da schummelte ich glatt einige Radieschensamen darunter. Ab dem dritten Jahr blieb er mir gänzlich. Da kam der grüne Drache in mir zum Vorschein, der unbedingt alles Mögliche ausprobieren wollte. Einiges fraß der Käfer, anderes das Reh, manches wuchs aufgrund der klimatischen Bedingungen mäßig und vieles landete bei uns im Topf.
Ich steckte mir das Ziel, so viel wie möglich aus dem Garten zu beziehen. Nicht nur Salat. Radieschen, Erbsen, Karotten, Bohnen, Schnittlauch, Zwiebel, Paprika, Paradeiser – alles kein Problem. Einzig die Petersilie wollte nicht so, wie ich wollte. Ich probierte sie mehrere Jahre hintereinander und sie wuchs mehr schlecht als recht. Meine Schwiegermutter meinte, dass es an dem schweren Boden läge. Sie hatte das Säen von Petersilie schon aufgegeben. Ich wollte und konnte es nicht glauben und versuchte es immer wieder.
Dann stolperte ich unverhofft über das Buch “Vom richtigen Zeitpunkt” von Johanna Paungger und Thomas Poppe und war überwältigt, was ich bis dahin nicht alles falsch gemacht hatte. Ich hatte ja keine Ahnung, wie vielfältig der Mondkreislauf mein Leben beeinflusst. Ich stellte einige meiner Gewohnheiten und vor allem das Leben in und mit der Natur um. Und siehe da, die Pflanzen wuchsen rascher und kräftiger.
Den Ratschlag, wie man Petersilie säen sollte, konnte ich nicht so recht glauben: an einem Mittwoch Vormittag. Erzählen oder gar fragen wollte ich niemandem davon, da sich sicher jeder an die Stirn getippt hätte, dachte ich damals noch. Also probierte ich es still und heimlich aus. Mittwoch Vormittag, bewaffnet mit einer Packung Petersiliensamen. Da ich in den Vorjahren mindestens ein Packerl sehen musste, um drei Stängel zu ernten, säte ich mal großzügig in einem frischen Beet.
Das war eine Erfahrung! Wäschekörbeweise habe ich die Petersilie verschenkt. Jede Woche schnitt ich Büschel von Petersilie ab und klopfte an so manche Tür, ob nicht jemand welchen brauchen könnte. Mittlerweile liebe ich in meinem Gemüsegartenparadies vom Säen bis zum Ernten jeden Handgriff und ich freue mich über jede Essenszubereitung, in der ich unser eigenes Gemüse verarbeiten kann. Und auch wenn es vielleicht nur Einbildung ist, so rede ich mir ein, dass mein Gemüse besser schmeckt als das Gekaufte.
© Karin Sieder 2021-03-29