von Eva Filice
Auf dem Marsfeld, der heutigen Piazza Navona, trugen Athleten zur Zeit Julius Cäsars (46 v. Chr.) Wettkämpfe aus. Kaiser Titus Flavius Domitianus ließ 85 n. Chr. eine Wettkampfarena, den ovalen „Circus Agonalis“, errichten. In der 275m langen und 106m breiten Arena, auch Stadio di Domitianus genannt, wurden athletische Turniere, Wagenrennen und Gladiatorenkämpfe vor 30000 Zuschauern ausgetragen. Manchmal wurde das Stadion auch mit dem Wasser des nahen Tibers geflutet, um das Spektakel einer Seeschlacht zu ermöglichen.
Dem Verfall des Stadions nach dem Untergang des Römischen Reiches wurde erst im 15. Jh. Einhalt geboten. Im Mittelalter entstand ein Platz, auf dem Märkte und Ritterfeste abgehalten wurden.
Ein Wettkampf anderer Art fand einige Jahrhunderte später bei der Neugestaltung der Piazza Navona statt. Die beiden bedeutenden Architekten des Barock in Rom, der willensstarke Gian Lorenzo Bernini und der ehrgeizige Francesco Borromini, waren von der Gunst des jeweiligen Papstes abhängig. Ihre anfängliche Zusammenarbeit steigerte sich zur unerbittlichen Rivalität, die sich laut Legende auf der Piazza Navona, dem Schauplatz barocker Kultur, an deren Werken zeigt.
Papst Innozenz X. ließ im 17. Jh. auf dem Platz nicht nur den Palazzo Pamphili, den Palast seiner Familie ausbauen, sondern er beauftragte den bedeutenden Barockkünstler Bernini mit der Gestaltung des gesamten Platzes. Bernini gestaltete die Fontana di Quattro Fiumi (Vierströmebrunnen) in unübertrefflicher Weise. Die Personifizierung der bekannten Ströme Donau, Ganges, Nil und Rio de la Plata ergänzte er durch Tiere und Pflanzen aus den fremden Kontinenten.
Für den Bau der Basilika Sant’Agnese in Agone, ursprünglich als Familienkapelle des Papstes Innozenz X. geplant, wurde Francesco Borromini beauftragt. Die Kirche sollte neben dem Vierströmebrunnen die Macht der Papstfamilie Pamphili zum Ausdruck bringen und so das geplante Forum Pamphili aufwerten. Borromini betonte durch die geschwungene Fassade der Kirche, begleitet von zwei hohen Türme und einer gewaltigen Kuppel sein Verständnis von barocker Bauweise. Bernini brachte seinen Unmut darüber laut Legende durch zwei Brunnenfiguren deutlich zum Ausdruck. Die Brunnenfigur des Nil verhüllt ihr Haupt und die Figur des Rio de la Plata deutet mit seiner abwehrenden Handhaltung die Furcht vor der einstürzenden Kirche an. So wollte Bernini seinen Rivalen lächerlich machen. So die Legende. Fremdenführer deuten so die Konkurrenz. Allerdings war der Brunnen bereits fertig, als mit dem Bau der Kirche begonnen wurde.
Ich bewundere den Platz im perfekten Zusammenspiel des künstlerischen Ausdrucks. Es bedarf einiger Zeit, um all die Details zu entdecken und zu deuten. Die beiden anderen Brunnen, la Fontana del Moro und la Fontana del Nettuno, ergänzen das Gesamtbild der im Barockstil gestalteten Piazza Navona im Zentrum Roms, dem beliebten Treffpunkt für Tourist:innen.
© Eva Filice 2022-11-23