Pioniere

Christine Sollerer-Schnaiter

von Christine Sollerer-Schnaiter

Story

Pioniere auf verschiedenen Gebieten gab es einige bei uns. Der wohl berühmteste Wildschönauer ist Andreas Thaler (1883-1939). Er war Bauer, Politiker und Koloniegründer in Brasilien. Vom Gemeindevorsteher brachte er es über den Tiroler Landtag zum Nationalratsabgeordneten und schließlich zum Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft.

„Aufgrund der wirtschaftlichen Not vieler Tiroler Bauern fasste Thaler den Plan, mit Gleichgesinnten auszuwandern und eine österreichische, katholische Ansiedlung in Südamerika zu gründen. Er unternahm hierfür mehrere Reisen nach Lateinamerika, um den geeigneten Standort dafür zu finden. Schließlich fiel die Wahl auf den südbrasilianischen Bundesstaat Santa Catarina, wo bereits mehrere Siedlungen mit deutschsprachigen Einwanderern bestanden. Dort gründete er Treze Tilias – Dreizehn Linden.

1933 erfolgte der Transport der Familien über den Hafen von Genua. Nach Anfangsschwierigkeiten stabilisierte sich die Siedlung und es konnte eine Schule und eine Kirche errichtet werden. Bei einer Überschwemmung 1939 kam Andreas Thaler unter bisher nicht ganz geklärten Umständen ums Leben. Seine Nachkommen leben und arbeiten noch in der Urwaldsiedlung. Seine Enkel sind brasilienweit für die Anfertigung von Holzschnitzereien bekannt.“ (Wikipedia)

Zwischen Dreizehnlinden und der Wildschönau besteht ein reger Austausch und ich erinnere mich gerne an die Thalerhäusl Frieda und die Hedwig – Nachfahren von Andreas Thaler.

Mit Hochachtung und Bewunderung begegneten wir dem Missionar Johann Gföller (1882-1957). Als Onkel der Sunnhof Irma war er uns Kindern zugetan und lehrte uns die ersten Brocken Englisch. Voll Begeisterung lerne ich meine ersten englischen Wörter. ‘Der Gföller’ war 45 Jahre als Missionär der Missionsgesellschaft des Hl. Josef auf den Philippinen gewesen und nun im Alter in seine Heimat zurückgekehrt.

Die große weite Welt hat uns Wildschönauer immer schon gelockt. Pioniere wäre für meine Generation zu hoch gegriffen, mutige Vorreiter waren wir schon. Als Stadler Richard nach Australien ‘auswanderte’, war das ein großes Vorhaben. Wir veranstalteten eine Abschiedsparty und ich war stolz darauf, mit ihm zu tanzen. Er war ein begabter Maler, konnte es aber nie zur ihm gebührenden Anerkennung bringen. Neben seiner Bildkunst malte er Auftragsarbeiten, Hausfassaden und Fensterumrahmungen, sogenannte Lüftl-Malereien. Australien suchte damals Arbeiter für die großen Schaffarmen und zog Abenteurer an. Zwei Jahre später war Richard um viele Erfahrungen reicher und mit einer bezaubernden Frau wieder da.

Als in den 60er Jahren die Schischulen zu boomen begannen, gingen einige unserer besten Schiläufer nach Amerika, um dort als Schilehrer ihr Geld zu verdienen. Sie waren und sind sehr erfolgreich.

Ich selber fuhr mit 17 Jahren als au-pair-Mädchen für ein Jahr nach England. Im Dorf war ich damals die erste und wurde als sehr mutig angesehen.

© Christine Sollerer-Schnaiter 2022-03-01