von Flaco
mein hund piri spricht nicht viel, aber sie sagt viel und weiß viel, obwohl sie weniger nachdenkt als ich.
sie kann gedanken lesen, nicht im sinne von hokuspokus, sie liest mich.
wenn ich nur daran denke mit ihr spazieren zu gehen, reagiert sie, meist in der form, dass sie aufsteht und sich streckt. ich habe versucht mit dem rücken zu ihr daran zu denken. eine reaktion kommt trotzdem sofort, ausser sie schläft gerade und durchlebt dramatische träume, was ich an ihrem zucken, wimmern und augenrollen deutlich erkennen kann. während ich eine geschichte zu erzählen versuche, durchlebt sie wilde träume, da frage ich mich oft wer eigentlich der klügere von uns ist.
einmal hab ich laut darüber nachgedacht, vielleicht als „hundeflüsterer“ arbeiten zu wollen, großes gelächter, obwohl alle wissen, dass ich mit hunden umgehen kann und sie mich lieben, gerade weil ich sie, soweit als möglich, das tun lasse was sie möchten.
was von „hunde(kinder)abrichtern“ oft als „der mocht jo wos a wü“ ausgelegt wird. piri gehorcht nicht immer, aber sie weiß in welcher situation es besser für sie ist mir zu vertrauen,
das war mir sowohl bei der erziehung meiner kinder, als auch bei der meines hundes wichtiger als „gehorsam“.
ich verstoße hartnäckig gegen die leinenpflicht. ich fordere leinenfreiheit für alle lebewesen (ausser bergsteiger).
im stadtverkehr habe ich sie schon auch mal an der leine. aber, dass der mensch wölfe domestizierte, hat auch damit zu tun, dass der hund im wald den weg sichert, um mich herum läuft, vor gefahr warnt und aufstöbert, was sich zu jagen lohnt.
ob der mann dort hinter der dunklen ecke, sich nur eine zigarette anzündet, oder auf mich wartet, erkennt mein hund viel früher als ich und er wird es mir mitteilen.
wenn ich piri beim schnüffeln zusehe, weiß ich, dass sie das prostataproblem des alten mannes, der hier gegangen ist, genau so wahrnimmt, wie die fröhlichkeit des kindes an seiner hand, ohne auch nur irgendwas davon benennen zu können oder zu müssen.
wenn es mir zwischen bestrahlungen und chemotherapie schlecht ging, hat sie sofort reagiert, verstanden ob es im kreuz oder im magen zwackt und sich, ohne ein wort zu verlieren, dort hin gelegt. wenn es mir besser ging, mich aufgefordert spazieren zu gehen. zuerst mit einem blick , dann knurrend, wenn ich dann noch nicht reagierte, mit einem fordernden bellen. recht hatte sie.
seit dem mittelalter haben sich alle versuche der philosophie den unterschied zwischen mensch und tier eindeutig zu definieren als haltlos erwiesen. aristoteles bezeichnete den menschen als „anima rationalis“ (denkendes tier).
piri hält tun für eindeutig wichtiger als denken.
von hunden habe ich gelernt, dass nur fressen, kuscheln und spielen glücklich macht, dafür liebe ich sie.
„wir sind nicht klug genug um zu verstehen, wie klug tiere sind“
jetzt muß ich schluß machen, weil sie mich gerade anstuppst, sie möchte nämlich wieder mal raus und mir wird ein spaziergang auch gut tun.
© Flaco 2019-04-11