von Hanspeter Gsell
Pitcairn besteht aus insgesamt vier Inseln: Pitcairn, Henderson, Ducie und Oeno. Nur Pitcairn-Island ist bewohnt. Bei den anderen handelt es sich um ringförmige Atolle und Lagunen. Allerdings liegen sie nicht gleich in der Nachbarschaft: Bis Oeno sind es 121, bis Henderson 168 und bis Ducie sogar 477 km. In die Ferien fliegen die Pitcairner nicht mit EasyJet nach Mallorca; sie fahren mit ihren Longboats, schwerfälligen – jedoch äußerst seetüchtigen – Langschiffen, nach Oeno. Die Pitcairner besitzen zwei solche Boote aus Aluminium, sie lauten auf den Namen Tub und Moss. Sie sind dreizehn Meter lang und können zehn Tonnen Last tragen. Sie ähneln immer noch den früher eingesetzten, hölzernen Walfang-Booten. Auf Oeno campiert man drei Wochen, fällt Bäume für den Hausbau, sammelt Kokosnüsse und ruht sich zwischendurch mal aus.
Pitcairn ist seit 1838 britische Kronkolonie. Staatsoberhaupt ist die Königin von England, vertreten durch einen Hochkommissar, der in Neuseeland residiert und auch Gouverneur der Pitcairn-Inseln ist. Da sich keine Sau um die Inseln kümmert, sind sie teilautonom; ein kleines Parlament wählt alle drei Jahre einen Bürgermeister. Dabei singt man – was auch sonst – Save the Queen.
Die Menschen in Pitcairn sind Selbstversorger: Auf den Inseln wächst so ziemlich alles, was man braucht. Gemüse und Früchte in riesiger Auswahl, der Ozean ist voller Fische und Meeresfrüchte. Auch Kartoffeln wachsen in Hülle und Fülle: Stocki braucht man nicht zu kaufen. Nur mit Fleisch und frischer Milch hapert es: Weder Kühe, Schweine noch anderes Vieh tummelt sich auf den Wiesen, die mancherorts an Weiden im Jura erinnern. Mehrere Male pro Jahr bringen Versorgungsschiffe aus Neuseeland und Französisch-Polynesien die benötigten Waren. Ob Zement oder Ziegelsteine, Nachschub für die Krankenstation, ein paar Kisten Bier oder ein lang ersehntes Steak: Alles muss frühzeitig bestellt wer-den. Da ist nix mit 24-Stunden-Hauslieferdienst
Unser Besuch war erwartet worden. An Bord der MS ARANUI haben wir, zusammen mit etwas mehr als einhundert Mitreisenden, die Insel Pitcairn erreicht. Aber noch sind wir nicht AUF der Insel. Der Hafen ist kein wirklicher Hafen; alles, was länger als dreizehn Meter ist, hat keine Chance, am Pier anzulanden.
© Hanspeter Gsell 2021-04-03