POSTILLON D`AMOUR

CosimaHasiba

von CosimaHasiba

Story

Lustlos nuckelte ich an der Flasche meines Corona-Biers. Das hatte in Mexiko auch besser geschmeckt. Der Spiegel an der Bar zeigte eine braun gebrannte, mit Rastazöpfchen aufgehübschte Version von mir. Frisch aus dem Urlaub zurück, hatte ich mit dem Jetlag gekämpft, um dann doch noch die „In-Bar“ meiner Heimatstadt aufzusuchen. Die Buchstaben „LA“ im Namen standen dabei nicht für eine Weltstadt, sondern die Initialen des Besitzers. Entsprechend provinziell war das Publikum, mich eingeschlossen, nur dass ich gerade einen Hauch der großen weiten Welt unter der Sonne Südamerikas erhascht hatte. Ich sehnte mich zurück nach Sonne, Strand, Meer und Leichtigkeit. Als Single und Anfang zwanzig stand mir doch die Welt offen! Während um mich die üblichen Verdächtigen in Balzrituale oder dem Alkohol verfielen, schmiedete ich aufregende Reise- und Lebenspläne. Ein Mann kam darin nicht vor. Ich war so vertieft, dass ich den großen Dunkelhaarigen nicht bemerkte, der sich an den Tresen drängelte.

„Du, mir haben´s mein Radl gestohlen“

Hatte der mich gemeint? Der sprachlich Einheimische, mit optischem Italo-Touch, hob sein Glas in meine Richtung, prostete mir zu.

„Ist dein Friseur verstorben, weil du das mir erzählst?“ Kontaktversuche kontern konnte ich.

„Bist du nicht bei der Polizei?“Das war ich tatsächlich.

„Und was hast du dir vorgestellt, was die Polizei hier und jetzt machen soll?“

„Suchen helfen?“

Was soll ich sagen? Immerhin habe ich einen Eid auf den Staat und meinen Dienst am Bürger geleistet! Im Laufe des folgenden Gesprächs, mit anschließender Fahrradsuche, stellten wir fest, dass wir nur einen Steinwurf voneinander entfernt wohnten. Ich allein in einer kleinen Beamtenwohnung, er in einem Haus, gemeinsam mit Ehefrau und zwei Söhnen. Als der Morgen nahte, notierte er sich meine Adresse, um mir eine Karte aus dem bevorstehenden Familienurlaub zu schicken, zu dem er noch am selben Tag aufbrechen würde. Ich blieb mit wenigen Erwartungen zurück.Eine Woche später fand ich in meinem Briefkasten eine Ansichtskarte, auf der ein nachdenklicher Grieche aufs Meer blickte. Sie enthielt folgende Aufschrift:

„Ich sehe in ganz Griechenland dein Gesicht“

Daneben eine Zeichnung, die mich darstellen sollte, darunter, in anderer Handschrift und mit anderem Stift, der Vermerk:

„Deshalb fand er den Briefkasten nicht. Liebe Grüße Dörte und Kai“

Mein nunmehriger Ehemann hatte die Karte, aus verständlichen Gründen, in Griechenland einem Wirt übergeben, der sie für ihn gegen Entgelt hätte aufgeben sollen. Der Grieche hatte zwar kassiert und wurde dann wohl von Müdigkeit übermannt, sodass die Karte liegen geblieben war. Bis ein nettes Paar, als „postillon d`amour“ aktiv wurde.

Der Briefkasten war aber nicht das Einzige gewesen, das schwer auffindbar war: auch das Fahrrad ist in den mittlerweile 26 vergangenen Jahren nicht wieder aufgetaucht. Sein Diebstahl einer meiner wenigen, bis heute ungelösten Kriminalfälle….

© CosimaHasiba 2023-01-03