„Powidltatschkerl . . . „

Eva Filice

von Eva Filice

Story
Wien

„Powidltatschkerln aus der schönen Tschechoslowakei, schmecken noch viel besser als die feinste Leckerei.
Denn so ein Tatschkerl, so ein powidales, das ist doch wirklich etwas pyramidonales!
Und immer denk ich, wenn ich Bozena erblick: Powidltatschkerln, Tatschkerln ist das allerhöchste GlĂŒck!“

Dieses GlĂŒck besteht aus einem Kartoffelteig, der ausgewalzt und rund ausgestochen wird. In die Mitte wird ein Löffel Powidl (durch langes Kochen eingedicktes Zwetschkenmus) gegeben und der runde Teig wird in der HĂ€lfte ĂŒbereinandergeschlagen. Die TeigrĂ€nder mĂŒssen fest aneinandergedrĂŒckt werden. Die Powidltatschkerln werden wenige Minuten in kochendes Wasser gelegt, danach in gerösteten Butterbröseln gewĂ€lzt und mit Staubzucker bestreut. Hermann Leopoldi, ein populĂ€rer Komponist vieler Wienerlieder schreib 1937 das Lied ĂŒber die Vorliebe fĂŒr diese böhmische Mehlspeise.

In meiner Familie gab es Mehlspeistage, da gab es zu Mittag kein Fleisch. Powidltatschkerl, Palatschinken, Kaiserschmarren und andere SĂŒĂŸspeisen wurden als Hauptspeise serviert. Erst gab es eine GemĂŒsesuppe, danach die Mehlspeise. So bezeichnet, obwohl Mehl nicht immer der Hauptbestandteil der SĂŒĂŸspeise ist. Die Wiener KĂŒche hat neben dem italienischen und französischen Einfluss vor allem viele Gerichte aus den KronlĂ€ndern der Monarchie aufzuweisen. Vor allem böhmische und ungarische Speisen fanden Niederschlag auf dem Speiseplan der kaiserlichen KĂŒche, bald hielten sie auch Einzug in bĂŒrgerliche Familien. Die Wiener Mehlspeisen wurden und werden gerĂŒhmt, besungen und geliebt. Besonders viele Mehlspeisen wie Golatschen, Palatschinken stammen aus Böhmen, die heute als typische Wiener Speisen in guten Restaurants und in Vorstadtlokalen, in Beisln, angeboten werden. Peter Alexander sang ĂŒber „Das kleine Beisl in unserer Straße, da wo das Leben noch lebenswert ist, dort in dem Beisl in unserer Straße, da fragt dich keiner was du hast oder bist.“ Das Beisl wird in Deutschland zur Kneipe.

Warme Mehlspeisen sind in der Wiener KĂŒche sehr beliebt. Apfelstrudel und Topfenstrudel sind weltbekannt. Meine Mutter war eine Meisterin als Strudel-BĂ€ckerin. Fruchtknödel aus Topfen-, Kartoffel- oder Brandteig ermöglichen eine große Auswahl an Variationen. Tatschkerl oder Tascherl werden meist mit Powidl gefĂŒllt. Wiener WĂ€schermĂ€del, Schlosserbuben und Arme Ritter werden – unterschiedlich gefĂŒllt – im heißen Fett schwimmend gebacken. Buchteln, Gebackene MĂ€use, Kipferl, Striezel, Dalkerl, Schneeballen, Pofesen, Hasenöhrl, Schmalztrauben, Gugelhupf, Mohn-, Nussbeugel, Zwetschkenfleck, Scheiterhaufen, Faschingskrapfen oder der Besoffene Kapuziner erfreuen zur Jause die GĂ€ste.

Meine LieblingssĂŒĂŸspeise ist der Kaiserschmarren mit Zwetschkenröster. Aus Mehl, Zucker, Prise Salz, Eidotter und Milch rĂŒhre ich einen glatten Teig, dann gebe ich vorsichtig den Schnee dazu. Etwas Butter erhitze ich in einer Pfanne und gieße den Teig hinein. Erst lasse ich die Unterseite anbacken, dann wende ich den Teig und backe die zweite Seite. Mit einer Gabel zerteile ich die Masse in kleine StĂŒcke. Auf dem Teller mit Zucker bestreut und serviert – ein Genuss!

© Eva Filice 2024-02-23

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