von renate schiansky
Seit ich zum ersten Mal Reinhard Mey „über den Wolken“ singen gehört habe, träume ich davon, zu fliegen. Das war übrigens 1974, und ich war grade einmal 15 Jahre alt. An eine Ausbildung zur Pilotin war natürlich nicht zu denken. Der Erwerb einer Privatlizenz war für die Tochter eines Straßenbahners und einer Sekretärin rein finanziell eine völlige Utopie; und die Cockpits der großen Fluglinien blieben lange Zeit rein männlich besetzt. Die erste Pilotin kam 1988 zur Lufthansa, die AUA erlaubte erst 2001 die erste Frau am Pilotensitz. Aber egal, ich war ja damals auch schon damit zufrieden, mich als Flugbegleiterin zu bewerben. Mit Englisch und Französisch sprach ich zwei Fremdsprachen und war durchaus willens, noch eine dritte zu erlernen; tatsächlich hatte ich einen Sprachkurs für Schwedisch bereits begonnen.
Jedoch, damals galten noch andere Voraussetzungen für den Dienst in der Luft: es gab eine Mindestgröße, und die verfehlte ich um einen Zentimeter.
So wurde nichts aus meiner Luftfahrtkarriere und mein Lebensweg ein völlig anderer. Ich wurde Sachbearbeiterin der Rechtsfürsorge und später Mutter von zwei Kindern.
Als die beiden jedoch endlich erwachsen waren, da ĂĽberfiel mich das Flugfieber von Neuem, und ich begann, mich nach Flugschulen umzusehen. Relativ rasch fand ich in Wiener Neustadt einen Verein mit Flugschule und sehr netten Instruktoren. Also erst einmal hin, zum ersten Schnupperflug.
Was für ein Gefühl, am Steuer eines einmotorigen Sportflugzeuges zu sitzen! Den Start besorgte natürlich der Fluglehrer, aber dann, hoch oben in der Luft, durfte ich selbst die Kontrolle über Höhen- und Seitenruder übernehmen; Kompass und Horizont in Einklang bringen, und mich ein kleines bisschen wie Amelia Earhart fühlen.
Ein Teil meines Traumes war damit schon in ErfĂĽllung gegangen.
Im Laufe der nächsten Monate absolvierte ich noch einige weitere Flugstunden, erwarb mir auch das internationale Funkerzeugnis; allerdings musste ich die Ausbildung zur Pilotin aus finanziellen Gründen doch relativ bald abbrechen.
Ein gewisser Trost ist mir jedoch, dass mir zufällig. und ganz woanders als im Flugbetrieb, vor mittlerweile 11 Jahren ein gewisser Daniel über den Weg gelaufen ist – seines Zeichens Privatpilot. Und mit ihm bin ich nach wie vor hin und wieder dort, wo ich immer schon sein wollte:
„Über den Wolken“.
© renate schiansky 2024-12-03