proud pride Oma

renate schiansky

von renate schiansky

Story
wien

Gestern waren der Gerti ihre Urenkel bei uns. – Ja, die hat schon Urenkel, die Gerti! Vier StĂĽck! Mein Enkel, der Patrick, der hat nicht einmal eine Freundin. Immer wenn er mich besucht, kommt sein alter Schulfreund mit, der Stefan. Ich frag’ mich manchmal, ob die vom anderen Ufer sind. Na und wenn schon! Meint die Gerti. Hauptsache, sie sind glĂĽcklich! – Ja, stimmt eh. Wäre der Patrick eine Patricia und käme mit dem Stefan an, dann wäre er mir auch recht. Na jedenfalls waren gestern alle vier Urenkel bei uns. Nach einer Runde Domino sind wir mit ihnen auf den Spielplatz, aber das war ihnen bald zu langweilig. Timmy und Lola sind ja schon 13, und wenn die „langweilig!“ sagen, dann plappern die Kleinen das natĂĽrlich nach! Na gut: was nun?

„Wir wollen zur Pride Parade!“, ruft Lola. Gerti und ich sehen einander ratlos an.

Lola und Timmy erklären uns, dass einmal im Jahr bei uns am Ring demonstriert wird fĂĽr die Rechte aller schwulen, lesbischen, inter-, trans und sonstwie sexuellen Menschen; da wollten sie gerne dabei sein. Na, warum auch nicht, denk ich mir, und der Gerti war´s auch recht. Mein rotes Kleid sollte ich noch anziehen, haben die Kinder gemeint, dann kämen wir daher wie eine Regenbogenfahne! – also ich habe ja schon ein bisserl den Verdacht, dass die Schlingel das von Anfang an geplant haben! Timmy in Jeans und blauem Pulli, Lola in grĂĽner Jacke und Military Hose; und die beiden Kleinen in Gelb und Orange. Wie die Papageien! Aber egal. Lola hat uns dann noch allen bunte Maschen ins Haar geflochten, und so sind wir losmarschiert.

GrundgĂĽtiger, waren da Leute! Bestimmt 10 Mal mehrt als auf jedem Maiaufmarsch! Und alle so bunt, der 48 Farben Malkasten von Jolly ein Dreck dagegen! Sogar die Tramway war angemalt! Und dann der Lärm! Schon beim Stadtpark hab ich mein Hörgerät rausgenommen! Timmy meint, das wäre Musik, aber – ich weiĂź nicht! Wir haben uns ganz fest an den Händen gehalten, damit wir einander nicht verlieren in dem Trubel, und sind ein StĂĽck mitmarschiert. Die Kleinen hatten ihren SpaĂź; irgendjemand hat ihnen bunte Fähnchen in die Hände gedrĂĽckt, und sie haben gewinkt und getanzt und gelacht.

So sind wir ein paar hundert Meter die Ringstraße entlang gelaufen, aber schon bei der Urania waren die Gerti und ich fußlahm, wir haben auf einer Bank Rast gemacht, der Parade zugesehen und unsere mitgebrachten Wurstsemmeln verdrückt. Da zogen so wunderschöne Menschen an uns vorbei, zu Fuß und auf geschmückten Wagen, alle sahen so fröhlich aus; es war wirklich schön! Und plötzlich, da springt die Lola auf und schreit: „Schaut her, das ist doch der Onkel Patrick!“

Und tatsächlich, auf einem der Wagen, da steht er, neben dem Stefan und ein paar anderen Männern, in glänzenden Kostümen, mit bunten Federn geschmückt: mein Enkerl, der Patrick! Die Kinder sind gleich hin und er und der Stefan haben sie hochgehoben und ein Stück auf dem Wagen mitfahren lassen. Die Kinder sind fast zerplatzt vor Stolz! Und ich, ich muss zugeben: Ein bisschen stolz war ich auch auf den Patrick, meinen wunderbaren Enkel!


© renate schiansky 2024-10-31

Genres
Humor& Satire
Stimmung
Herausfordernd, Emotional, Komisch, Inspirierend, Unbeschwert
Hashtags