Queen Bee

6:30 Uhr: Tausende und abertausende Wecker und Smartphones brummen und klingeln, summen und wecken.

Mein Wohnhaus ist ein Bienenstock und ich bin selbstverständlich die Bienenkönigin darin. Sehen wir uns nicht alle irgendwie als KönigInnen? Wollten wir das nicht immer sein? Na gut, wenn die Frisur sitzt und man am Vorabend nicht eine Riesenportion Spaghetti aglio olio gegessen hat, dann schon. Eine Königin riecht nicht nach Knoblauch.

Wir wuseln und fliegen fast, brummend und summend, Richtung U-Bahn, Richtung Arbeitsplatz. Ein Heer von Arbeiterinnen und Drohnen. Und ich, die Königin mittendrin. Als Königin fühlt man sich einfach besser. Und man kann ein wenig auf die anderen herabschauen. Nicht hochnäsig, aber mit einem gewissen Abstand und dem Gefühl, dass das eigene Leben doch um ein Vielfaches schöner ist.

Am Abend dasselbe, in die Gegenrichtung. Das Summen ist jetzt deutlich weniger geschäftig, ein bissl gereizt vielleicht schon – und abgekämpft. Alle wollen zurück in den Bienenstock. Sie wollen in ihre kuscheligen Waben kriechen und ihre Ruhe haben, das hört man am Summen und an der Art des Flügelschlags. So geht das, in meinem Fall, von Montag bis Donnerstag.

Freitags bis sonntags geruht die Königin auszuschlafen. Die Flügel werden geputzt, bis sie schimmern. Der etwas erschöpfte Bienen-Body wird ganzheitlich der Sonne dargeboten, der Blütenstaub schmeckt doppelt so gut. Andere Königinnen werden besucht, Drohnen werden manchmal zur Bewunderung der Königin vorgeladen und die neuesten Bienen-Trends werden in den Schaufenstern der Stadt begutachtet.

Das Bedürfnis abends den heimeligen Bienenstock aufzusuchen ist an diesen Tagen nicht so ausgeprägt. Mit den Königinnen der anderen Bienenvölker wird gelacht, Nektar geschlürft und herumgesummt und es wird natürlich ein wenig mitleidig über die armen Arbeiterinnen gelästert, die ein nicht so tolles Leben haben wie man selbst.

Bis am Montag wieder das Smartphone brummt ..