Rabiate Ehefrau

Meinte mein Mann neulich zu mir: „Mah, du bist so rabiat.“

Da sich meine Tendenz zu Gewalt dann doch in Grenzen hält, blickte ich ihn ungläubig aus unschuldigen, babyblauen Riesenglubschaugen an: „Ich und rabiat?“

„Ja, gestern beim Autofahrn. Aggressiver geht nimma!“

Gut, da war was Wahres dran.

Aber ich bin unschuldig. Die anderen Spritschluckerbesitzer treiben mich in den Wahnsinn. Die, die auf Teufel komm raus mit meiner Stoßstange auf Tuchfühlung gehen, mit meinem knackigen Wagenhinterteil kuscheln wollen. Das ist Nötigung.

Und das bei 55 km/h Tachoanzeige in der 50-er Zone. Das Stadtfahren macht mich wurlert. Als Landei bin ich diese Blechkarossenmassen nicht mehr gewohnt. Das macht sich bemerkbar. Meine aufgestaute Wut sucht sich ein Ventil und wird leider meist fündig. In meinem Sprechorgan. Und so pflege ich mich lautstark hinterm Steuer in Fluchtiraden zu ergehen.

Kein Problem, wenn nur ich das Auto okkupieren würde. Im konkreten Fall hatte ich Publikum. Meinen Mann, meine Tochter und meinen Hund. Letzterer verkroch sich im letzten Winkerl am Rücksitz und stellte sich schlafend. Kluges Geschöpf. Töchterlein adjustierte beim Einsteigen ihre EarPods und versank in Adele-Parallelwelt.

Blieb noch Göttergatte. Der Arme. Von Natur aus die Ruhe in Person, gerät er leicht außer Fassung, wenn seine ihm Angetraute das Lenkrad bedient. In den letzten Jahren ist es ihm wunderbar gelungen, dieses Szenario zu vermeiden. Diesmal war er auf meine Chauffeurdienste angewiesen. Was ihm nur zu bewusst war.

Als Eheroutinier wusste er, wann es besser war, zu schweigen. Die ganze Fahrt über verhielt er sich beinahe erschreckend ruhig. Eine Zurechtweisung hätte meine aufgestauten Aggressionen unnötig auf ihn gelenkt. Keine gute Idee.

Und so ließ er seiner Gattin ihren Fluchrausch.

Erst am nächsten Morgen, wohlig im sicheren Zuhause angekommen, musste er seinem Unmut Luft machen.

Nun war ihm ihre Aufmerksamkeit sicher, wenn auch das Gesagte bei einem Ohr rein und beim anderen wieder rausging.

Schön, wenn sich zwei Eheroutiniers derart wunderbar ergänzen …