von Aroundtheworld
Manchmal wünschte ich, ich wäre kein VW Käfer, sondern ein kleines Kind. Ich sehe die Kinder so oft spielen und herumrennen. Sie lachen und scheinen richtig Spaß zu haben. Doch besonders gern wäre ich ein Kind, damit ich Fahrrad fahren könnte. Wobei das Radfahren auch sehr gefährlich sein kann. Nicht nur für denjenigen, der Fahrrad fährt, sondern auch für mich.
Ich habe schon oft gesehen, wie Eltern mit ihren Kindern üben. Oft halten die Eltern das Fahrrad hinten an dem Sattel, auf dem das Kind sitzt, fest und das Kind versucht, zu treten und gleichzeitig, das Gleichgewicht zu halten. Das sieht kompliziert und anstrengend aus, aber sobald ein Kind alleine fahren kann, sieht man die große Freude in dem Gesicht.
Als ich wieder einmal beobachtete, wie ein Kind das Fahrradfahren lernte, sagte Horst, dass ihm das immer Angst machen würde. Horst und ich standen öfter zusammen an der Straße. Horst war ein waschechter Bayer und manchmal hatte ich Probleme damit, ihn zu verstehen. Die Menschen in Bayern reden nämlich anders wie wir in Norddeutschland. Horst war ein BMW und kam immer mal zu Besuch bzw. eigentlich ja sein Besitzer, der seine Familie besuchte. Doch so standen Horst und ich oft an der Straße zusammen und erzählten uns, was wir so erlebt hatten, während wir nicht beieinanderstanden.
Ich fragte Horst, warum er denn Angst hätte, wenn Kinder das Fahrradfahren lernen.
„Hast du die Beule gesehen, hinten an meiner Beifahrerseite?“
„Ja,“ sagte ich. Ich hatte gesehen, dass Horst eine ordentliche Beule hatte, wollte ihn aber nie darauf ansprechen, denn jedes Fahrzeug hat nach einigen Jahren Beulen und Dellen. Da man aber ja nicht sieht, ob die Beulen und Dellen daher kommen, dass jemand nicht Autofahren konnte und somit selbst Schuld war oder jemand anderes, sah man der Beule nicht an. Daher wollte ich Horst nicht ansprechen, es hätte ja auch sein können, dass er selbst gegen irgendetwas gefahren ist.
„Wir wohnen in einer großen Stadt,“ begann Horst, „da gibt es nicht überall so schöne Fußwege und breite Straßen, wo niemand parkt, wie hier. Überall ist es eng und voller Menschen. Eines Tages wollte ein Kind Radfahren üben. Das ging aber nur auf der Straße, wo wir Autos links und rechts geparkt wurden. Das Kind wurde erst von seinem Vater am Sattel festgehalten und es sah richtig gut aus, wie es fuhr, doch dann ließ der Vater den Sattel los und das Kind fing an, Schlangenlinien zu fahren, weil es das Gleichgewicht nicht halten konnte.“
Horst hält kurz inne, bevor er fortfährt: „Und dann ist es einfach in mich hineingefahren. Es gab einen lauten Knall und kurz darauf ertönte ein lautes Kindergeschrei. Der Vater kam angelaufen und versuchte, das Kind zu trösten, doch es war nicht leicht, denn wie ich am nächsten Tag gesehen habe, hatte sich das Kind den Arm gebrochen und musste einen Gips tragen. Es dauerte Wochen, bis das Kind wieder lachend ohne Gips auf der Straße spielen konnte. Meine Beule jedoch blieb.“
Fahrradfahren kann gefährlich sein.
© Aroundtheworld 2022-12-12