von Musenzeit
Die Wäschespindel war hübsch bepackt, blumiger Waschmittelduft wehte über den Campingplatz und mischte sich mit dem würzigen Odeur des BBQs, was mit dem flirrenden Wüstenlicht ein unwiderstehliches Urlaubsambiente schuf.
Ben war auffallend still, als er mit unserer frischen Wäsche zurückkam. Er kramte eine Weile in seinem Rucksack, saß grübelnd über seinem Mittagsteller, aß hastig und ging dann nochmal los, quer über den Campingplatz. Nun ja, jeder braucht so seine Inspirationszeiten auf Reisen, dachte ich nur.
„Die Unterwäsche ist weg. Alles. Einfach weg.“, platzte er schließlich heraus, als er sich wieder auf den Stuhl setzte. „Da klaut jemand Unterwäsche hier auf dem Platz.“ Bling! Mein Kopfkino sprang an. Ha, sieh‘ an! Da war er also, ein Wüstenfreak-Lüstling, der sich heimlich an Frauenunterwäsche vergriff, und noch dazu an meinen penibel für den Reisezeitraum abgezählten, unverwüstbar reisetauglichen… was für eine Frechheit! Mein ungebändigter Zorn wallte auf, die 40 Grad im Schatten wurden noch eine Runde heißer, das Barbecue feuerte eine Runde schneller und die Wäsche trocknete mit meinem Ausatmen. Wo ist dieser Halunke, der dreiste, wo ist seine Diebeshöhle, wer ist noch Opfer dieses Übeltäters geworden?!
Wild funkelnden Auges machte ich schon Anstalten, quer über den Platz aktivistisch loszuziehen, aber Bens apathischer Blick machte mich stutzig und ich hielt inne. Er druckste herum. „Naja… es sind MEINE Unterhosen, die fehlen…“ -Plumps!- Kino wieder aus und hinsetzen. „Waaaaas?!“
Ich kontrollierte ungläubig den Wäschestapel: Yepp, meine Unterwäsche war tatsächlich komplett, samt hochwertiger Trekking-Kleidung. Aber Bens Männerunterhosen fehlten. Und zwar ALLE! Es war die Großwäsche an unserem freien Reisetag. Auf DIESE Variante des Beklautwerdens wäre ich nicht im Traum gekommen. Irre!
In der Badehose steht Ben vor mir. Ich konnte seine Gedanken hören: Woher nun so schnell Unterwäsche besorgen, mitten in der australischen Wüste? „Echt, das sind doch wirklich keine Designereinzelstücke. Ein Perverser? Ein Outlaw? Warum nur MEINE Unterhosen?“ Bens Verzweiflung entlud sich in einem lauten Seufzen, so herzzerreißend, dass es die Devil´s Marbles erweichen und sich Regenwolken aus Mitleid über dem Ayers Rock versammeln müssten. Die Campingleitung musste sofort über den Diebstahl informiert werden! Mit hängendem Kopf stapfte der Krieger los, den Verlust einer Schlacht beklagend.
Bens siegreiches Grinsen, als er schließlich mit einem Kleiderbündel im Arm zurückkam, war von schon von Weitem sichtbar. „Und? Wer war´s?“ – „Diese betagte Camperin dort hinten mit der dicken Brille. Sie hat gerade Wäschestücke an der Rezeption abgegeben, alle möglichen Kleidungsstücke. ‚Ich dachte, die seien von meinem Mann, aber es waren alles die falschen Sachen, meinte er.‘ Die war fertig mit den Nerven, hat sich tausendmal bei mir entschuldigt.“ – Tja nun, Eure Wäsche ist nicht sicher vor wilden Frauen, ihr lieben Männer!
© Musenzeit 2022-07-26