von lee weichsel
Ein „Rums“ und kleine, wie ich annehme Splitter die herunter bröckelten, verwirrten mich. Noch eins. Was war denn jetzt los, dachte mein erleichtertes Ich, welches im Traum gerade ihren Liebsten umarmte. „Rums“. Was zum Teufel? Das war gar nicht in meinem Traum, kam mir der aufklärende Gedanke. Ein gedämpfteres „Rums“ war zu hören. Na warte. Wer stört meinen Schlaf und meinen herrlichen Traum? Das… das hört sich doch an… Wach lag ich nun in meinem Bett und ĂĽberlegte. Das wird doch nicht… Wusch. Mit einem lauten Krachen flog ein neues etwas gegen mein Fenster.
Er wird doch nicht… Verschlafen setzte ich mich auf, schnappte mir mein Handy, war geblendet von dem hellen Bildschirm. Drei Nachrichten:
1. “Gute Nacht und schlaf gut” + „Herzchen und Kusssmily“.
2. Foto wo mein SĂĽĂźer sich gerade aufhält beziehungsweise aufgehalten haben sollte-die Nachricht war schon drei Stunden alt (Bar, Getränke, Zigaretten, viele unbekannte Menschen. Hm, ok… Sieht nett aus!)
3. “Soll ich noch zu dir kommen?” + „Dreimal Herzchenemoji!“
Ich sah auf die Digitaluhr am Display: halb 5 Uhr Morgens. Heiliger war ich müde. „Rums“, die nächste Ladung landete auf meinem Fenster und machte einen ganz schönen Lärm. 7 Anrufe in Abwesenheit. 7 mal der Name meines Freundes zu sehen: B., B., B., B., B., B., B.!!!!!!!
War ja schon gut. Ich drückte auf wählen. Es klingelte nicht lang.
Ich krächze ein „hallo“ ins Handy und hörte ein fröhliches „hallo Schatzl“.
Ich antwortete etwas genervt, müde und berührt zugleich: „Sag nicht, dass du grade mit Schneebällen gegen mein Fenster wirfst“. Irgendwie musste ich an das Märchen Rapunzel denken. Und an alte Filme in denen die Lover ihre Angebeteten mit Kieselsteinchen ans Fenster locken!
„Doch Schatzi, das bin ich. Oder nein“. Lachen. „Der Nachbar“. Kicher, kicher!
„Oh Gott, du Verrückter“ brachte ich nun doch ein Lächelnd hervor.
„Lässt du mich hinein, kann ich bei dir schlafen“?
Gott schoss es mir durch den Kopf. Mein Zimmer war vollkommen verwüstet. Schmutzwäsche, noch mehr Klamotten, ein Wäschekorb voll mit schrägen Outfits, der Schreibtisch zugemüllt, die Bettwäsche nicht frisch, das Leintuch hatte Löcher und das Schlimmste: Ich trug ein langärmliges, verwaschenes, altes Baumwollshirt mit Herzchendruck vorn drauf. Und ja, an so viel kann man in diesem kurzen Augenblick denken. Scheiß drauf!
„Klar, aber ich lass dich durch die Terrassentüre herein“.
„Okay, passt“.
Ich schnappte mir eine Weste, mit dem Fuß wurden Schmutzwäsche und Wäschekorb notdürftig auf die Seite geschoben und so schlich ich mich verschlafen, verwirrt aber überglücklich nach unten.
Leise schob ich den Vorhang beiseite, drehte das Licht auf und öffnete die Türe. Vor mir stand, ohne Schuhe aber breit grinsend der süßeste, verrückteste und liebenswerteste Spinner auf Erden!
„Ich liebe dich wegen genau solchen Aktionen“ flüsterte ich, küsste ihn und fühlte mich besser als Rapunzel, Schneewittchen und Dornröschen alle gemeinsam!
© lee weichsel 2021-10-20