Regel Nr. 1 Du kannst niemanden ändern

Jennifer Rippegather

von Jennifer Rippegather

Story

Meredith war gerade mal 10 Jahre alt, als sie sich an der Schlange zum Eiswagen anstellte und Levi aus der 5b sie in den Dreck schubste. Seit diesem Tag war sie unsterblich verliebt. Aus ihren Puppen wurden Bälle und aus ihren Kuscheltieren wurden Dinos. In ihrem jungen Herzen war schließlich nur Platz für Levi aus der 5b. Der Junge mit den ebenfalls blonden Haaren, den schokoladenbraunen Augen und dem verschmitzten Lächeln, dass er jedes Mal zeigte, wenn er sie mit einem Ball abwarf oder ihre Spielsachen klaute. Ein Mal brachte sie ihm ihre Lieblingssüßigkeiten mit und Levi bedankte sich mit einem so festen Kniff, dass ihr die Tränen in die Augen stiegen. „Warum mag mich Levi nicht so wie ich ihn mag?“, fragte sie eines Abends ihre Mutter, traurig an der Benjamin Blümchen Bettdecke knibbelnd. Sie mochte die Bibi und Tina Bettdecke lieber, da waren so schöne Pferde drauf, aber Levi mochte keine Pferde und offensichtlich mochte er auch keine Mädchen. Zärtlich streichelte sie ihrer Tochter über die Wange, entschied, dass sie noch zu jung war und versicherte ihr: „Was sich liebt, das neckt sich.“

Mittwochs war Ladies Night im Planter´s Punch, was fruchtige Cocktails, verklebte Böden, laute Beyoncé Musik und jede Menge gebrochener Herzen bedeutete. Genauso wie Amara es am liebsten hatte. Sie kippte den ein oder anderen Tequila mit einer Gruppe besonders gut gelaunter Junggesellinnen herunter und wischte die bereits verklebte und versiffte Theke von den Salzüberresten des Tequilas. Nach einer Stunde war es brechend voll. Körper quetschten sich aneinander vorbei, um ihr ihre Bestellung über die ohrenbetäubende Musik zu grölen und die Hitze hinter der Bar wurde schnell unerträglich. Nach bereits 6 Stunden Recherche in der Uni Bibliothek und 5 weiteren in der Kanzlei ihres Onkels, um sich optimal auf ihre kommende Prüfung vorzubereiten, trug sie immer noch dieselbe mittlerweile faltige Bluse und Jeans. Sie öffnete die oberen 3 Knöpfe, krempelte sich die Ärmel so gut es ging hoch und band sich ihre wilden, dunklen Korkenzieher Locken zu einem Dutt. Das alles während sie vier weitere Gäste gleichzeitig bediente. Amara hatte ihre handgeschriebenen Notizen auf bunten Klebezetteln überall entlang der Theke verteilt und las diese gelegentlich beim Bedienen der Gäste, als sie aus dem Augenwinkel einen jungen Mann bemerkte, der leicht lächelnd seinen Kopf schüttelte. Mit einem schnellen Blick registrierte sie seine vollen braunen Locken, sowie zwei amüsiert funkelnde eisblaue Augen. Süß. Kurzerhand beugte sie sich über die Theke, so, dass sie wusste, dass er eine gute Sicht auf ihren Ausschnitt werfen konnte und brüllte über die Musik hinweg: „Was gibt’s da zu lachen?“ Der Fremde schloss etwas, das aussah wie ein Notizbuch. „Hier drin ist es so laut, dass ich nicht mal meine eigenen Gedanken hören kann und du“, vorsichtig pflückte er einen Zettel von der Theke und las sich den Paragrafen durch, „Lernst Jura?“ Amara zuckte mit den Schultern. „Ich habe viele Talente.“ Zwei bereits gut betrunkene Herren bedienend hielt sie ihm ihre freie Hand hin. „Amara.“ Der Fremde lächelte breit, sodass man seine Grübchen sah und schüttelte ihre Hand. „Ben, Ben Conrad.“ Sie warf ihm einen letzten frechen Blick zu, bevor sie sich den nächsten Gästen widmete. „Also Ben willst du mich nicht fragen, wann meine Schicht zu Ende ist?“


© Jennifer Rippegather 2023-07-04

Genres
Romane & Erzählungen
Stimmung
Komisch, Unbeschwert
Hashtags