REICH ?

Micaela Hemesath

von Micaela Hemesath

Story

I am CHILDRICH! Freudestrahlend hält mir mein amerikanischer Enkelsohn sein Sparschwein in die Kamera. Natürlich seien Mommy and Daddy auch reich, fügt er schnell noch hinzu! Leider kann ich sie nicht besuchen, Covid sei Dank! Natürlich stört auch das bisschen Atlantik zwischen uns! Wie schön, dass es wenigstens Video Telefonie gibt und wir uns so sehen und hören können.

Was für eine glorreiche Aussage von einem Sechsjährigen! Astrologisch ist ihm Geld, Besitz, Haus und gutes Essen wichtig, denn er ist ein Stierlein. Wir alle bewundern immer seine praktische Art. Er hat seiner 14-jährigen heftig pubertierenden Schwester schon einmal die Handhabung der Waschmaschine erklärt, da er immer seiner Mutter tatkräftig hilft. Auch weiß er klarerweise wem welche Unterhose oder T Shirt gehört.

So zufrieden wie der ist und immer jeden Tag genau weiß, was er spielen möchte, beneidenswert! Anregend für mich einmal über wann ist man “reich”, nachzudenken. Natürlich kommen mir als Erstes die vielen Luxushotels in den Kopf, die ich dank meinem Arbeitgeber Lufthansa, kostenlos bewohnen durfte. Als ich oft die Preisliste mir angeschaut habe, wusste ich, im Privatleben könnte ich mir so einen Luxusschuppen nicht leisten. Hat mich das je gestört, oder beeinflusst? Nein! Fehlen mir die tropischen Strände, wo sich heute nur noch die Reichen und Schönen dieser Welt aufhalten können? Wir damals selbstverständlich unsere jungen Luxuskörper sonnen durften und die warmen karibischen Wellen uns umspülten. Nein! Ein Irrsee, oder Chiemsee ist genauso willkommen. Dazu muss ich nicht reich sein, kann mich aber so fühlen.

Der Cadillac vor der Haustüre war damals in Florida wunderschön. Überall Platz genug. Als ich ihn nach Salzburg bei unserer Rückkehr mitnahm, war er überall zu breit und zu lang. Ein Abenteuer ihn in die schmale Tiefgarage zu manövrieren. Habe ich mich damit reich gefühlt? Es war toll unsere große Villa mit Swimmingpool in SW Florida zu beziehen, auch ein bisschen traurig, das alles wieder loszulassen. Aber auch meine wunderschöne Zweizimmer-Wohnung, in der Nähe der grünen Salzach Au, macht mich glücklich. Dieses “reich Gefühl” wird mir immer mehr bewusst, nach einer durchgestandenen schweren Operation und den Kampf zurück in ein Leben, wo eine Treppe nicht den Anfang von einem Gefängnis bedeutet. Diese Treppe komme ich wieder rauf und runter und bedanke mich täglich bei meinem braven, willigen Körper, der durch hartes Training wieder funktionsfähig wurde. Reich beschenkt wurde ich durch die lieben, treusorgenden Freunde, die mir in dieser schweren Zeit geholfen haben, ein einigermassen normales Leben zu führen.

Es ist also doch nicht der 7er BMW vor der Haustüre, der mich reich und glücklich macht, es sind die tollen sozialen Kontakte, mein unglaubliches Glück mit einer Tochter gesegnet zu sein, die sich liebevoll trotz großer Distanz um mich kümmert.

Es ist Liebe, nicht Geld!

Foto: Ali Pazani, unsplash

© Micaela Hemesath 2021-08-06

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