von Sabine Benedukt
Seit langem geplant, endlich losgefahren â in den Odenwald. Ab der Autobahnabfahrt Wertheim, als wir am Main entlangfuhren, wurde es kuschelig in meinem Herzen. Unserem Ziel immer nĂ€herkommend, verĂ€nderten sich die Worte. Aus Miltenberg wurde âMildeberschâ. In Amorbach fuhren wir âde Berg nuffâ an unser Ziel. In der kleinen Ortschaft da oben scheint die Zeit stehen geblieben. Nach der ersten warmen, herzlichen Umarmung durch unsere Gastgeberin, die Frau meines Cousins, die hier den kleinen Gasthof mit FrĂŒhstĂŒckspension betreibt, konnte ich alles wiedererkennen: ringsherum Wald, das kleine Dorf, der Duft nach LindenblĂŒten, das Quaken der Frösche am nahegelegenen Brandweiher und die bis heute unverĂ€nderte Gaststube und den Familientisch. Mehrere Generationen sind hier schon gesessen. Dieser Tisch hat viele Geschichten erlebt, die wir uns gegenseitig erzĂ€hlen können. Daheim schon habe ich aus alten Fotos der groĂen Verwandtschaft mehrere FotobĂŒcher gemacht, um sie an die Cousins und Cousinen zu verschenken, bei denen wir zu Kaffee und Kuchen eingeladen sind. âGugg e mol do!â, heiĂt es. Viele Erinnerungen an lustige Feste, an Worte, die sich eingeprĂ€gt haben, die lachend wieder erzĂ€hlt werden, wurden wach. Auch das weiĂe Tischtuch und das blau-weiĂ geblĂŒmte Kaffeeservice meiner Cousine, das ich schon von ihrer Mutter kannte, trĂ€gt dazu bei. Bei uns daheim wurde das Gleiche auch zu besonderen AnlĂ€ssen aufgedeckt.
Weil meine Mutter aus dem kleinen Ărtchen hier stammt, wurde das Fotoalbum auch in der âWirtschaftâ herumgereicht. Ein Bild eines Klassentreffens vor etwa 50 Jahren zeigt die MĂŒtter mehrerer der StammgĂ€ste und löste auch hier Kindheitserinnerungen aus, âsowas vergisst ma netâ â meinte der Bauer aus dem Ort zu uns. Er erklĂ€rte uns auch die Route des Wanderwegs. Eine Rotbuche, die als markanter Wegweiser dient, das âBuchleâ, und der Brunnen, das âBrĂŒnnleâ, sollten wir uns merken. Am nĂ€chsten Tag winkte er uns vom Traktor aus freundlich zu: âHabtÂŽas gfunne?â, wollte er wissen. Unsere Wanderungen durch den Wald und zur Ruine Wildenburg, vorbei an lila Fingerhut, der hier blĂŒht, als hĂ€tte ihn extra jemand als besonderes Highlight gepflanzt, genossen wir sehr. Farn, Moos und viele HeidelbeerstrĂ€ucher zeichnen sanfte Wellen auf den weichen Waldboden. Nur Rehe und Hasen kreuzten unseren Weg.
Auch zum gemeinsamen FuĂballabend im Ort waren wir herzlich willkommen. Das Ergebnis der deutschen Nationalmannschaft wurde ausgiebig gefeiert und uns gleichzeitig versichert, dass auch âdie Ăsterreicherâ nicht schlecht sind.
Beim Metzger in Amorbach haben wir uns hausgemachte Leberwurst und Presskopf fĂŒr daheim gekauft. In dem StĂ€dtchen mit seinen FachwerkhĂ€usern und der Kirche aus rotem Sandstein gibt es noch immer die Eisdiele, wo wir als jugendliche âSpaghettieisâ mit heiĂen Himbeeren gegessen haben. Am letzten Abend beim Abschiedstelefonat mit meiner Cousine aus dem Nachbarort gabs ein österreichisches „Pfirti“ aus ihrem Mund, dass mich sehr gerĂŒhrt hat. Verwöhnt mit rheinischem Sauerbraten und Erdbeertorte und beschenkt mit Holundergelee und Himbeermarmelade fuhren wir winkend den Berg wieder ânunnerâ. Erlebnisse und Umarmungen die lange bleiben.
© Sabine Benedukt 2024-06-22