von Ramona Fröse
Ich stieg in den Zug, der gerade eingefahren war. Ich achtete nicht darauf, wo er hinfahren würde. Es war mir schlichtweg egal. Ich hatte keine Lust mehr, ich hatte alles verloren. Der Job weg, der Mann weg und er nahm meine Kinder mit. Sodass ich allein da. Eigentlich wollte ich vor den Zug springen, aber irgendwas hielt mich an und ich stieg ein. Nun sitze ich hier und habe keine Ahnung wo wir hinfahren. Der Kontrolleur kontrolliert meine Karte und lächelt mich wissend an. Dann muss ich wohl eingeschlafen sein, denn als ich wach wurde, war alles anders. Wir waren an einem Bahnhof, den ich nicht kannte oder doch? Sonneberg steht auf dem Schild, aber das ist nicht das Sonneberg, was ich kenne. Der Bahnhof sah alt aus, sehr alt. Statt Autos fuhren hier Kutschen. Nun wusste ich wo ich war und ich reiste mit einer Kutsche weiter nach Lauscha. Ich kam in den kleinen Ort und sah auch schon die ersten Glasbläserhütten. Ich machte mich auf den Weg um zu sehen, wie es hier läuft. In einem meiner Lieblingsbücher wurden hier die ersten Weihnachtsbaumkugeln aus Glas hergestellt. Ich wusste nicht, ob es wirklich so war, aber in meinem Buch war es so. Ich sah in die Glasbläsereien und tatsächlich sah ich, wie in mühseliger Handarbeit, die wundervollen Kugeln geblasen wurden. Ich sah den Glasbläsern zu. Dann ging es weiter zu den Frauen, die diese dekorieren. Ih sah ihnen zu und erfreute mich an jeder einzelnen Kugel. Ich sah, wie die Frauen lachten und miteinander scherzten. Ich lächelte, wohl das erste Mal seit langer Zeit. Dann vernahm ich ein leises Ticken und schwubs war ich wieder in einem Zug. Ich war überrascht. „Deine Zeit hier ist abgelaufen, du musst wieder nach Hause“, sagt der Kontrolleur. „Aber, ich will hier nicht weg.“, antworte ich. „Du hast keine andere Wahl.“, das war das Letzte, was ich noch hörte, dann muss ich wohl wieder eingeschlafen sein. Als ich wieder wach wurde, waren wir wieder an dem Bahnhof, an dem ich eingestiegen war. Ich verstand nicht wie das passieren konnte. Ich dachte, ich bin verrückt.
Zu Hause angekommen lag dort ein Brief auf meinem Tisch. „Mein liebes Kind. Ich weiß, du verstehst nicht was passiert ist, aber ich weiß, dass du es bald verstehen wirst.“ Ich legte den Brief zur Seite und fand dann eine Stellenanzeige. Ich staunte nicht schlecht, als ich sah, wo die Stelle sein sollte. Eine Glasbläserei in Lauscha sucht Angestellte. Ich bewarb mich sofort auf die Stelle und bekam sie auch.
Nun lebe ich in Sonneberg und jeden Tag geht es für mich nach Lauscha zur Arbeit. Ich habe meine eigene Wohnung und meine Kinder wohnen wieder bei mir. Einzig mein Exmann ist mein Exmann geblieben. Damit kann ich aber leben.
© Ramona Fröse 2025-04-07