von Michael Stary
Festes Wasser statt Meeresbrise. Das Eis des Sees zeigt sich durch den driftenden Druck der ungeschliffenen Kanten der zu engen Schlittschuhe relativ unbeeindruckt. Und hält stand. Es bietet den Widerstand, den ich brauche, um voranzukommen. Als Kind gelernt, werden die Bewegungen auf der morgendlich gekühlten Bahn, schattig neben der Waldgrenze, unter null Grad, immer flüssiger und harmonischer.
Und meine Ideen sprudeln nur so aus meinem Herzen, was mir wieder zeigt, dass es der warme, liquide, innere Aggregatzustand ist, der Kreativität und Passion wieder vereint, und nicht der auf Druck getrimmte Eisblock in Brustmitte, mit Angst erfüllt, der aus rastloser Gewohnheit zu Kampf und Flucht einlädt.
Nun ist es aktuell im Außen hart statt des erhofften Bilderbuchstrands. Der ausgedachte Urlaub findet so nicht statt. Was allgemein gut klingt, fand keinen Anklang in mir, stresste mich sogar so sehr, dass ich mir in aller Kürze seit Weihnachten bei geliebten Tätigkeiten in der Natur und am Herd weh tat, und mich wieder zur Reflexion in mich zwang. Oder sanft ausgedrückt: einlud (mit autoaggressiver, körperlicher Immobilität tue ich mir sehr schwer sei wohlwollend angemerkt).
Altes Spiel. Immer wieder neue, deutlichere Spielfläche. Die Spielsucht offensichtlich. Die Spielzeit allerdings verkürzt sich zunehmend, was eindeutig Energie spart. Früher waren es Jahre bis zur leuchtenden Erkenntnis, heute Tage, Stunden, Minuten, ja sogar Sekunden. Quantensprünge sind menschlich, ohne daraus gleich wieder eine Optimierungssucht zu basteln. Sie sind für mich als ´normal´ anerkannt und dürfen immer wieder sein. Ganz ohne Hype und aufgerissene Augen.
Was sich früher ´normal´ anfühlte, ist heute als Reinszenierung enttarnt und dem starr Unbeweglichen zugeordnet. Vergängliche Vergangenheit. Palo Santo, Rauchschwade, … und ab die Post dorthin, wo es hingehört. Oder so halt irgendwie. Zumindest ist die Adresse klar. Und immer, wenn ich von den körperlichen Signalen meines arrhythmischen Herzens abdrifte, entferne ich mich mehr von mir. Und dann darauf noch in den Flieger zu steigen und zu hoffen, dass es an einem anderen Ort besser wird, ist mittlerweile keine geeignete Strategie mehr. Spart Geld und Nerven.
Und wie ich froh bin, nun hier diesen malerischen Winter zu erleben, die Freiheit zu genießen, täglich zu überlegen, wie ich mir den Tag gestalte. Mich meinem Herzen zuwende, statt vor ihm zu fliehen. Ein teils bedrohliches Wagnis ist das auch stelle ich, oder halt irgendein ein Teil von mir, fest. Denn plötzlich bekommt der Verstand eine andere Position und wundert sich über die Kühnheit und das Aufmüpfen des sensiblen Pumporgans. Ja, es staunt sogar über dessen bis dato unerkannte Intelligenz. Neue Verbindung. Heimkommen. “Home is where your heart is”. Und zwar ganz genau in der Mitte der Brust. Und dort WEISS etwas eindeutig früher als eine Etage höher. Mein ganz eigener, favorisierter Reiseveranstalter.
© Michael Stary 2022-01-26