Ich war auf meiner wöchentlichen Rennradrunde um den Wörthersee unterwegs, gegen den Uhrzeigersinn, das heiĂźt: im Norden ĂĽber Pörtschach rauf, im SĂĽden ĂĽber Maria Wörth runter, keine fĂĽnf Kilometer vor Velden. Mein Rennrad, KTM Strada, gerade einmal neun Kilogramm schwer, weiĂź-metallic mit roten Design-Elementen, wunderschön mit innen liegenden KabelzĂĽgen, aber wie damals ĂĽblich, noch mit einer Schaltung ausgestattet, wo die einzelnen Gänge noch nicht eingerastet sind, sondern die richtige Position der Kette „erfĂĽhlt“ werden musste, hatte ich im Herbst des Jahres zuvor gekauft.
Es war Anfang Juni, also nach wenigen Monaten seit Saisonbeginn und noch vor Saisonmitte, ich fühlte mich gut und ich hatte in dieser Saison bereits gut neunhundert Kilometer in den Beinen. Hätte es damals schon all den elektronischen Schnickschnack gegeben, wie er heute üblich ist, wie Geschwindigkeitsanzeigen, wären mir sicher so zwischen fünfundzwanzig und dreißig Kilometer pro Stunde angezeigt worden. Für mich durchaus zufriedenstellend.
Ich war gut drauf und rundherum zufrieden. Plötzlich höre ich hinter mir ein Geräusch, ein leichtes Klacken, wie ich es von manchen Rädern her kannte, in manchen Fällen vom Getriebe her, in anderen von der Fahrradkette. Und wenig später jemand dann plötzlich neben mir. Rennrad ebenfalls, der Fahrer Alter siebzig Mitte, vielleicht auch älter, mit Schildkappe auf dem Kopf, weil damals Helme noch nicht so ĂĽblich waren. Er blickte einmal nach rechts zu mir herĂĽber, schĂĽttelte kaum merkbar den Kopf und fragte: „Na was is, geht heut nix?“
Ohne meine Antwort, die so schnell nicht kommen hätte können, abzuwarten, trat er wieder etwas kräftiger in die Pedale, reihte sich rechts vor mir ein und war bald darauf nicht mehr zu sehen.
Ich glaube, ich bin in dieser Saison kein einziges Mal mehr mit dem Rad gefahren.
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© Walter Lepuschitz 2021-10-12