Hauptsache, die Frisur sitzt

Petra Dinhof

von Petra Dinhof

Story

Ich bin ja ein Nerverl, daher kommt die Frage nach dem Lampenfieber immer wieder auf. Tatsächlich hält sich dieses in Grenzen, sofern das Rundherum halbwegs passt. Natürlich bin ich aufgeregt, wenn ich eine neue Rolle spiele und sich in 5 Minuten der Vorhang öffnet. Das ist aber auch gut so, das erzeugt genau die richtige Körperspannung und Konzentration. Unangenehm nervös macht es mich nur, wenn ich von anderen abhängig bin und diese nicht das Nötige tun.

Ich spielte im hübschen, kleinen Theater beim Auersperg eine verführerische Frau, die auf der Bühne als Teil der Handlung des Stückes eine Perücke aufsetzen musste. Es war wichtig, dass das Ganze souverän getan wurde und das Ergebnis, nämlich mein Aussehen, sollte danach sehr attraktiv sein. Die ausgefallenen Kostüme hatte ich alle selbst organisiert.

Der Theaterdirektor, der auch Bühnen- und Kostümbildner und Requisiteur in Personalunion war, wollte die Perücke aber unbedingt selbst besorgen, also musste ich darauf warten. Dann brachte er mir eine rote Perücke, mit der sich jeder Mensch sogar im Fasching in Grund und Boden geniert hätte, außer man hätte als Pumuckl gehen wollen. Auch als Wischmopp, mit dem man richtig gut in alle Ecken kommt, wäre ich ohne Probleme durchgegangen. Verzweifelt bat ich um eine andere Perücke. Nach tagelangen Diskussionen stimmte er schließlich zu. Wieder warten – 1 Woche, 2 Wochen, 3 Wochen – in 2 Tagen sollte die Premiere stattfinden! Ich musste ja auch das gekonnte Aufsetzen proben! Er wollte, so erklärte er die Verzögerung, eine richtig schöne Haarpracht auf meinem Kopf sehen. Langsam wurde ich nervös, denn ich hatte noch nie selbst eine Perücke aufgesetzt, schon gar nicht souverän oder gar so, dass sie auch nach wilden Szenen noch dekorativ auf dem Kopf thronen würde.

Dann kam er mit einer in hellblau und einer in rosa daher! Und er schien das ernst zu meinen. Dazu muss man wissen, dass meine Haut sehr hell ist – wie sollte denn das aussehen?! Zu meinem großen Erstaunen sah ich mit den pastellfarbenen Perücken nicht einmal allzu bescheuert aus, ein bisschen allerdings doch! Als besonders seltsamer Clown wäre ich durchgegangen, als attraktive Verführerin sicher nicht!

Mein Schauspielkollege hatte große Mühe, sich bei meinem Anblick einen Lachkrampf zu verkneifen. Da ich aber kurz vor dem Explodieren war, sagte er freundlich: „Sieht nett aus.“ Oh mein Gott! „NETT!“ Das war´s! Ich sprang wie Rumpelstilzchen, tobte und schrie, dass es mir reichte und ich jetzt sofort eine ordentliche Perücke wollte. Alle starrten mich erschrocken an, der Direktor lief aus dem Probenraum, um 2 Stunden später mit einer recht schönen, rothaarigen Perücke zurückzukommen.

Na bitte, geht doch! 1 Tag vor der Premiere!

Dass wir 4 Wochen lang wirklich gut geprobt und dann eine erfolgreiche Premiere gespielt hatten, war dem Direktor anscheinend nicht so wichtig gewesen.

Hauptsache, die Perücke sitzt!

© Petra Dinhof 2020-02-04

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