von Andrea Weiss
Das Bellaria-Kino im 7. Bezirk, eines dieser schönen, alten, heimeligen Kinos, in denen oft gut Filme gespielt werden, wurde geschlossen. Das stimmt traurig, ist aber eine andere Geschichte. Verbinde ich doch gerade mit diesem Kino die Erinnerung an eine Begegnung, die noch gar nicht so lange zurück liegt.
Ich will mir den Film „Als ich lernte, bei mir selbst Kind zu sein“ über die schwierige Kindheit von Andre Heller anschauen. Ich freue mich auf den Film, will auf keinen Fall den Anfang versäumen, und bin – wie es sich für mich gehört – zu früh dort.
Zum Überbrücken der Wartezeit gönne ich mir einen Kaffee und als ich nach einem ermüdenden Tag meine Blicke und Gedanken schweifen lasse, entdecke ich sie zwei Tischchen von mir entfernt. Ewig lang ist es her, seit wir uns das letzte Mal getroffen haben, ich kann sie nur von der Seite sehen, aber sie MUSS es sein. So lange ist es her, dass sogar ich, die sich Namen gut merken kann, kurz überlegen muss. Ich gehe an ihren Tisch, schaue sie fragend an – „Renate?“ Sie schreckt offensichtlich aus ihrer Versunkenheit auf, schaut mich etwas verwirrt an – „Nein, Edith!“ Im selben Moment zieht ein Strahlen über ihr Gesicht – „…Andrea!!!“
In den wenigen Minuten, die uns bis zum Beginn des Films noch bleiben, versuchen wir, uns über die inzwischen vergangenen Jahre – sind es zehn, sind es fünfzehn? – upzudaten. Sie ist die Gleiche wie damals, die Gesprächsbasis ist es auch.
Vor dem Nachhause-Gehen aktualisieren wir noch unsere Kontaktdaten, sie sind das Auffallendste, das sich in der Zwischenzeit verändert hat … Beim letzten Treffen hatten wir noch keine Mobiltelefone, WhatsApp gab es noch nicht.
Wenig später treffen wir uns zu einem ausgedehnten Spaziergang, dabei beschließen wir, auch den Kontakt zu einem weiteren Ehepaar aus der gemeinsamen „alten Zeit“ wieder aufzunehmen. Bei der ersten Begegnung im größeren Kreis werden viele Neuigkeiten ausgetauscht. Die „Kinder“ sind inzwischen erwachsen, sind aber nach wie vor ein wichtiges Gesprächsthema und haben zum Teil schon für Enkelkinder gesorgt, die ebenfalls in Worten und Bildern vorgestellt werden. Das ausgiebige Schwelgen in gemeinsamen Erinnerungen an die „alten Zeiten“ darf natürlich nicht fehlen.
Warum war der Kontakt abgebrochen? Niemand kann es genau sagen, es war wohl den zeitraubenden Mosaiksteinchen des Alltags geschuldet. Das fĂĽr Ende April geplante Treffen muss Corona-bedingt verschoben werden.
Vergangenes Wochenende konnten wir das endlich nachholen, wurden mit einem guten Essen bestens versorgt, die Unterhaltung war – im besten Sinne – wie immer.
Die nächsten Treffen sind schon geplant.
Das alles verdanken wir einem Besuch im Bellaria-Kino!
© Andrea Weiss 2020-06-29