von Norbert Netsch
Pfeil und Bogen werden längst nicht mehr als bedrohliche Waffen gesehen, bleiben aber immer noch beliebt, weil man beim Bogensport viele nützliche Fähigkeiten trainieren kann. Roman Till erzählt im Podcast, dass er sich in den letzten Jahren voll und ganz dieser Sportart verschrieben hat und auch sein berufliches Umfeld entsprechend angepasst hat. Ein echter Lebenskünstler also, der das macht, was er tatsächlich machen will.
Gerade für Kinder und Jugendliche, die zunehmend mit Konzentrationsproblemen zu kämpfen haben, ist dieser Sport ideal, muss man doch die Zielscheibe im Zentrum treffen, was Konzentration voraussetzt. Es ist aber nicht nur die mentale Kraft gefragt, man benötigt auch eine entsprechende Körperbeherrschung und eben eine ruhige Hand.
So lässt sich der therapeutische Effekt des Bogenschießens gut erklären. Meditation ist ein Werkzeug, das Menschen in vielen Lebenssituationen helfen kann. Gut, wenn man sie beim Sport einsetzen lernt, um sie dann auch in anderen Lebensbereichen sinnvoll verwenden zu können. Gerade die meditative Kraft geht vielen Menschen verloren. Früher hat man noch mehr gebetet und so unbewusst auch meditiert. Heute werden diese Rettungsanker seltener und die Burnouts gerade deshalb häufiger.
Roman Till ist Bundesreferent für Bogensport der Sportunion Österreich. Als Obmann seines Vereins AC-Sagittarius ist er sehr stolz darauf, dass einige seiner Mitglieder im Bereich des Leistungssports erfolgreich sind.
Es gibt kaum eine andere Betätigung wie Sport, wo Erfolge so gut messbar sind. Mit dem Erfolg kommen dann auch Selbstbestätigung und Freude. Das gilt auch für kleine Schritte der persönlichen Verbesserung. Nicht jeder muss ein Weltmeister werden.
In der Pädagogik für Kinder ist in den letzten Jahren immer häufiger die Idee propagiert worden, dass man keine Spiele mit Sieger*innen machen soll, weil es dann zwangsläufig auch Verlierer*innen gibt und das wäre für die Kinder nicht gut. Vor allem deshalb, weil in der Regel immer dieselben Kinder gewinnen und verlieren und sich so das Gefühl des ewigen Verlierers einprägen könnte.
Ich sehe das anders. Die größte Begabung im Leben ist, dass man Verlieren lernt und dass man auch lernt, kleine Steigerungen als Sieg zu erleben, den man zur Stärkung des eigenen Selbstbewusstseins einsetzen kann.
Gerade beim Bogenschießen ist jede Verbesserung genau messbar und sie lässt sich wie überall auch mit dem persönlichen Einsatz in Beziehung setzen. Das hat einen hohen pädagogischen Wert, der sich neben der Körperbeherrschung und der mentalen Stärke auf die Persönlichkeit eines Kindes sehr positiv auswirken muss. Man lernt, dass man selbst in die Richtung wirken kann, die einem Erfolg bringt. Wer das dann auf andere Lebensbereiche verallgemeinern kann, hat mehr gelernt, als nur mit dem Pfeil ins Schwarze zu treffen. Wobei es eigentlich gerade darauf im Leben immer wieder besonders ankommt …
© Norbert Netsch 2022-07-16