Römerquelle zur freien Entnahme

Eva Filice

von Eva Filice

Story

Wir fahren zum „Raweudl“ bedeutete, es gibt Arbeit im Weingarten. Der Flurname heißt Raubwald. Was mag da früher wohl gewesen sein? Welch ungemütliches Volk hat sich auf diesen Fluren herumgetrieben?

Unser Weingarten liegt westlich des Ortes Kittsee auf einem kleinen Hügel. In meiner Kindheit führten 7 Reihen niedriger Rebstöcke leicht bergauf. Später zog mein Papa die Rebstöcke auf eine Hochkultur auf. Das bedeutete, dass die Triebe der Reben leichter zu bearbeiten waren. Allerdings gab es nur mehr 3 Reihen Hochkultur an Stelle der 7 Reihen Stockkultur. Für meinen Otata war es schmerzhaft die alten Rebstöcke zu entfernen. Als Kompromiss ließ mein Vater eine Reihe Stockkultur am äußeren Rande stehen. Vom Feldweg bis zum Kirschenbaum, der im Sommer ein idealer Schattenspender war, lag der Weingarten in einer Ebene. Danach ging es leicht bergauf. Beim Arbeiten im Weingarten kam uns der leichte Anstieg wie ein Berg vor. Am Scheitel des Hügels konnte der Ort Edelstal erkannt werden.

Besonders bei der Weinlese halfen wir Kinder gerne mit. Kühles Wasser aus unserem Ziehbrunnen wurde in Tongefäßen, sogenannte Plutzer, mitgenommen. Die Plutzer wurden mit alten feuchten Leinentüchern umhüllt, somit blieb das Wasser länger kühl. Die Aufgabe von uns Kindern war, frisches Wasser von einem Brunnen in Edelstal zu holen, das damals allen gratis zur Verfügung stand. Wenn das mitgebrachte Wasser ausgetrunken war, mussten meine Schwester und ich den Hügel bergab nach Edelstal gehen. Jede trug einen Plutzer in einer Hand, bergab mit leeren Gefäßen, bergauf mit gefüllten.

Am Ortsbeginn von Edelstal befand sich die Wasserstelle, der wir frisches Wasser entnahmen. Es war nicht sehr weit, aber an heißen Tagen erschien uns vor allem das Bergauf-Gehen mühsam. Wir trödelten und wurden schon von den durstigen Verwandten erwartet. Der artesische Brunnen spendete schon vor 2000 Jahren zur Zeit der Römer Wasser. Laut Berichten meines Vaters wurde in Edelstal schon früher Wasser in Flaschen abgefüllt. 1965 soll die Quelle als Heilquelle anerkannt worden sein. Das war uns damals nicht bekannt. Jährlich werden 150 Millionen Liter abgefüllt. Die Firma „Römerquelle“ machte aus dem Edelstaler Wasser ein Mineralwasser, das „die Sinne belebt“. Welche Wirkung das wiederholte Trinken aus der Römerquelle des später so berühmten Wassers auf unsere Sinne wohl hatte . . .?

Im Weingarten befanden sich auch Bäume mit den wohlschmeckenden Weingartenpfirsichen. Dazwischen wuchs Knoblauch, der auch roh gegessen wurde. Bei der Weinlese halfen Verwandte und später auch meine Freunde aus Wien und dem Waldviertel mit. Das Gabelfrühstück am Vormittag erfreute uns alle, denn Mama versorgte uns mit kaltem Braten, Geselchtem, Würsten, Aufstrichen und Grammeln. Dazu schmeckte das selbst gemachte Brot vorzüglich. Die Erwachsenen tranken Papas Wein und freuten sich, dass sie durch die Lese die Grundlage für den nächsten „Heurigen“ schufen. Die Stimmung war immer ausgezeichnet, es wurde viel gescherzt. Ich freute mich jedes Jahr auf die stimmungsvolle Weinlese mit Freund:innen und Verwandten.

© Eva Filice 2023-01-14

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