von Maria Büchler
Als unser Flugzeug startete, genoss ich wie immer die Geschwindigkeit kurz vor dem Abheben. Ich hatte einen Fensterplatz, ließ mich in den Sitz drücken und lächelte selig, als wir uns vom Boden lösten.
Zwei, drei Sekunden später kam von links eine andere aufsteigende Maschine in mein Sichtfeld. Sie schoss direkt auf uns zu, schien zum Greifen nah. Zum Erschrecken blieb keine Zeit, denn im nächsten Augenblick war alles vorüber.
Sollte es jetzt nicht gewaltig gekracht haben? Der Zusammenstoß schien mir unvermeidlich gewesen zu sein. Warum gellte kein Aufschrei durch den Flieger? Ich sah mich um, blickte zurück – niemand außer mir schien etwas bemerkt zu haben. Hatte ich geträumt? Sicher nicht! Noch heute bin ich davon überzeugt, dass die damalige Situation Wirklichkeit war.
Eher harmlos und ungefährlich fliegen uns manchmal Sätze um die Ohren, bei denen wir glauben, uns verhört zu haben. Ich saß in einem Feldkircher Kaffeehaus. Die Zeitungen hatte ich ausgelesen und an ihren Platz zurückgebracht. Ich bestellte ein weiteres Getränk, schielte zur Theke im Vorraum und überlegte, ob ich mir dazu nicht ein Stück Torte gönnen sollte.
Am Nachbartisch sprachen zwei Männer in ernstem Ton über das Unternehmen eines dritten, der sich anscheinend schwer übernommen hatte und nun in den Konkurs geschlittert war. Nur wenige Gäste befanden sich im Lokal, die Musik schwebte kaum hörbar durch den Raum. Ich konnte jedes Wort verstehen, obwohl die Herren sich diskret unterhielten. Jetzt schwiegen sie einige Sekunden lang und senkten nachdenklich die Augen.
Ein Gast im Hintergrund rief: „Zahlen, bitte!“
Der eine Mann setzte das Gespräch fort: „Und das sind dann Zahlen, bitte!“
…
Der Schauspieler Oskar Werner wäre im vergangenen November 100 Jahre alt geworden. Ihm widmete der ORF eine Sendung, in der auch ein Experte zu Worte kam. Er erzählte von Werners Zuneigung zu seiner Großmutter, „die er Rosi nannte“.
Wie ihr wisst, war Rosinante das Schlachtross Don Quijotes, des Ritters von der traurigen Gestalt. Als sein Alter Ego war es ebenso wie er ungelenk, in seinen Aufgaben überfordert und bereits zu alt für Eskapaden wie den Kampf gegen Windmühlen.
Wer dem weiblich klingenden Namen jedoch eine Stute zuordnet, täuscht sich. Rosinante war ein Hengst. Du glaubst mir nicht? In Kapitel 15 des Romans von Miguel de Cervantes Saavedra kannst du meine Behauptung überprüfen.
Nur so zum Drüberstreuen: Die beiden Nationaldichter Cervantes und Shakespeare sind beide am 23. April 1616 gestorben. Shakespeare allerdings nach dem damals in England gültigen julianischen Kalender.
…
Bei einem Schreibworkshop übten wir uns an Techniken, die unserem Sprachstil ein wenig Schliff und dem Wortschatz mehr Fülle verleihen sollten. Ich schilderte eine Fahrt in den Süden. Die Kursleiterin war nicht zufrieden mit meinem Begriff „nach Italien“ und riet mir zu einem anderen, poetischeren Ausdruck. Ich sprach aus, was mir eben in den Sinn kam, „gen Italien“.
© Maria Büchler 2022-12-09